Podcasten wird mit Autopod automatisch

  Ralf Hersel   Lesezeit: 6 Minuten  🗪 1 Kommentar

Mit dem Python-Skript kann der Aufwand für wöchentliche Podcast-Aufnahmen erheblich reduziert werden.

podcasten wird mit autopod automatisch

Seit fünf Jahren nehme ich Podcasts auf: LibreZoom, GLN und Captain it's Wednesday. Während dieser Zeit durfte ich viele Erfahrungen sammeln. Einer dieser Erfahrungen lautet: das, was ihr hört, ist nur ein Viertel der Arbeit, die dahinter steckt. Ein 2-stündiger Podcast, mit mehreren Sprechern und einem Interview, erzeugt mindestens 10 Stunden Aufwand für die Vor- und Nachbereitung. Da müssen Termine abgestimmt werden, Interview-Partner gefunden und eingewiesen werden, die Themen wollen vorbereitet sein. Dann kommt die eigentliche Aufnahme, die den geringsten Aufwand bedeutet. Danach folgt das Abmischen und Publizieren der Aufnahme. Ausserdem wollen noch Shownotes geschrieben und publiziert werden.

Bei diesem Aufwand, liegt für Vollbeschäftigte, nur eine Folge pro Monat drin. Die optimale Sendefrequenz für Podcasts liegt aber bei wöchentlichen Sendungen, damit der Podcast nicht aus der Aufmerksamkeitsspanne der Hörer:innen fällt. Somit haben wir es mit einem Dilemma zu tun: Aufwand versus Aufmerksamkeit.

Bei GNU/Linux.ch haben wir drei Jahre lang den monatlichen GLN-Podcast mit grossem Aufwand erstellt. Ich möchte anmerken, dass der Podcast ausschliesslich mit freien Mitteln und ohne die üblichen Services (Podigee, Auphonic, Spotify, usw.) produziert wurde, die von 95 % aller anderen Podcasts verwendet werden. Das ist nicht selbstverständlich und ein Alleinstellungsmerkmal für GNU/Linux.ch; bei uns gibt es Podcast aus nachhaltiger und freier Produktion, ohne kommerzielle Cloud-Dienste und Pseudo-Podcast-Plattformen. Wir liefern Podcasts, wie sie erfunden wurden.

Nach diesen Jahren wollten wir etwas Neues ausprobieren: einen wöchentlichen Podcast, der nur 30 Minuten dauert und mit minimalem Aufwand produziert werden kann. Grösstmögliche Automatisierung war hier das Stichwort. Vor Monaten habe ich begonnen, eine Anwendung zu schreiben, die diese Automatisierung bereitstellt. Herausgekommen ist das Python-Skript Autopod.

Der Ablauf für die Produktion einer Wochenfolge von Captain it's Wednesday, sieht so aus:

  • Remote-Aufnahme am Dienstag um 19 Uhr über StudioLink-standalone
  • Danach Autopod starten
  • Das Skript kümmert sich darum, dass die Folge am darauffolgenden Mittwoch um 12 Uhr erscheint

Was macht Autopod?

Abmischen

  1. Autopod ermittelt das neueste StudioLink-Verzeichnis und nimmt die zwei flac-Dateien der Podcast-Sprecher daraus. Ausserdem werden die Dateien mit der Intro-/Outro-Musik verwendet.

  2. Die Ergebnisse und Zwischenergebnisse des Mischvorgangs liegen im Unterverzeichnis mix. Alle Dateien darin werden gelöscht, bevor der neue Mischvorgang beginnt.

  3. Die beiden Sprecherdateien werden von Stereo zu Mono umgewandelt.

  4. Die Sprecherdateien werden mit individuellen Werten für Sprecher 1 und 2 verstärkt.

  5. Die Sprecherdateien werden zu einer Datei zusammengefügt (track.flac).

  6. Die Intro-/Outro-Dateien werden in das Mix-Verzeichnis kopiert.

  7. Die Dauer der Intro-Datei wird bestimmt.

  8. Die Intro-/Outro-Dateien werden mit individuellen Werten verstärkt.

  9. Die Intro-Datei wird mit der Sprecher-Datei überlappt.

  10. Die Dauer der kombinierten Datei (Intro + Sprecher) und der Outro-Datei werden bestimmt.

  11. Die kombinierte Datei wird mit dem Outro überlappt.

  12. Die gesamte Datei (Intro + Sprecher + Outro) wird normalisiert (final.flac).

  13. Die final.flac wird verstärkt.

  14. Die MP3-Datei wird generiert

Abschliessende Schritte

  1. Die MP3-Datei wird hochgeladen.

  2. Die API für den Shownotes-Generator von GNU/Linux.ch wird aufgerufen.

  3. Die Datei für den RSS-Feed wird generiert und hochgeladen.

Dieser extrem automatisierte Prozess hat viele Vorteile, aber auch Nachteile. Die Vorteile liegen klar im geringen Aufwand für die Produktion einer Folge. Tatsächlich beschränkt sich der Aufwand auf das Einsprechen der Folge. Damit handelt man sich Nachteile ein:

  • Der Mischprozess ist auf zwei Sprecher beschränkt.
  • Andere Sprecher müssen neu eingemessen und konfiguriert werden (Abmischen).
  • Interviews sind nicht möglich, weil der Zeitpunkt der Interview-Spur schlecht automatisiert werden kann.
  • Es gibt keine wirklichen Shownotes, sondern nur einen standardisierten Artikel. Lediglich der Name der Folge ist konfigurierbar.

Falls jemand den Aufwand für die Produktion seines Podcasts minimieren möchte, steht Autopod als Freie Software bei Codeberg bereit. Das Skript kann nicht out-of-the-box verwendet werden. Es sind erhebliche Anpassungen notwendig, bei denen ich gerne helfe.

Selbstverständlich soll Autopod nicht auf dem aktuellen Stand stehen bleiben. Ich habe diese Erweiterungen in der Planung:

  • Unterschiedliche Sprecheranzahl
  • Bereitstellen von individuellen Shownotes pro Folge
  • Einfügen von Interview-Aufnahmen

Ob und wann ich diese Verbesserungen schreiben werde, steht in den Sternen. Mithelfer:innen sind willkommen.

Quelle: https://codeberg.org/ralfhersel/autopod

Tags

Podcast, Captain, Automatisierung, Python, Abmischen, Produktion

this.ven
Geschrieben von this.ven am 13. Juni 2023 um 21:27

Danke für's Teilen von Autopod. Ich habe das Python Script überflogen und finde den Ansatz mit ffmpeg robust. :+1

Was das einmessen und lauter machen von Sprechern angeht, so könnte Ecasound weiterhelfen. Das ist eine DAW für das Terminal mit integriertem Compressor, Limiter, etc. und lässt sich per Python steuern https://nosignal.fi/ecasound/Documentation/programmers_guide/ecasound_programmers_guide.html#ecasound-control-interface-c-c-python-perl

Für weitere Bearbeitungen könnte das ein oder andere Plugin aus dem Pro Audio Umfeld helfen, da es per LV2 eingebunden werden kann. Eine Übersicht liefert: https://kx.studio/Repositories:Plugins