Obwohl das Thema "Messenger" ziemlich ausgelutscht ist, erfreut es sich immer noch eines grossen Interesses, wie man an den Kommentaren zu meinem letzten Zum-Wochenende-Artikel sehen kann. Darin ging es darum, meine Kontakte von Telegram auf Threema umzuziehen. Wie versprochen, möchte ich über meine Erfolge und Rückschläge berichten, und zwar in Form einer unregelmässigen Serie.
Inhaltsverzeichnis:
- Artikel 0 - Zum Wochenende: Ralf macht Nägel mit Köpfen
- Artikel 1 - Messenger umziehen - Teil 1 (das ist dieser Artikel)
- Artikel 2 - Messenger umziehen - Teil 2 (kommt noch)
Jetzt soll es um die ersten Reaktionen meiner Kontakte und um meine Erfahrungen mit Threema auf dem Smartphone und dem Desktop gehen.
Soziales
Bei Telegram habe ich ca. 30 aktive und 10 archivierte Kontakte. Bevor ich mit dem Zählen begonnen habe, bin ich von wesentlich mehr Kontakten ausgegangen. So kann man sich täuschen. Bei den Archivierten habe ich ca. 50 % an Karteileichen gelöscht, sodass nur noch 10 übrig blieben. Den Aktiven habe ich geschrieben, dass ich bis Ende 2025 Telegram verlassen werde und ihnen Threema oder Element als Alternative anbiete.
Die Antworten darauf fielen sehr unterschiedlich aus. Ich gebe das hier anonymisiert und paraphrasiert wieder:
- "Wir verwenden seit Jahren Threema, willkommen im Club."
- "Ich mache das, was du für richtig hältst."
- "Warum willst du deinen Telegram-Account auflösen?"
- "Auf jeden Fall! Mir wäre Threema lieber."
- Via Threema: "Hier bin ich."
- "Meh. Mail geht sonst auch, oder PM im Fedi."
- "Kein Thema. Und what’s App?"
- "Kein Bock, 6 Stutz zu zahlen ... wenn alle anderen Messanger umsonst sind ..."
Ihr seht, die Reaktionen decken das gesamte Spektrum ab: Zustimmung, Unverständnis, Verwirrung, Geiz-ist-geil.
Ich werde versuchen, meine Kontakte bestmöglich beim Umzug zu unterstützen. Das geht so weit, dass ich ihnen die einmalige Zahlung von 6 Euro an Threema schenken würde, falls sie sich 6 Euro wirklich nicht leisten können. Was mir wie ein Dorn im Fleisch sitzt, ist die Gewissheit, dass ich meine Kontakte irgendwann erneut zum Umziehen bewegen muss. Vor ein paar Jahren habe ich viele Leute zum Wechsel von WhatsApp auf Telegram bewegt. Mistral kennt das Jahr:
Viele Nutzer haben WhatsApp im Jahr 2021 verlassen, nachdem das Unternehmen eine Aktualisierung seiner Datenschutzrichtlinien angekündigt hatte, die Besorgnis über die Datensicherheit und den Datenschutz auslöste. Diese Änderungen führten dazu, dass viele Nutzer zu alternativen Messaging-Apps wie Signal und Telegram wechselten.
Ich hege Zweifel, ob mein Plan sinnvoll ist. Wenn ihr mich fragt, ist das Problem der Messenger-Vielfalt längst gelöst. Es gibt das Matrix-Protokoll und die grosse Auswahl an Client-Anwendungen. Doch damit ist das gesellschaftliche Problem nicht gelöst, weil sich die Leute zu sehr an den Komfort und die umzäunten Gärten der Smartphone-App-Ökonomie gewöhnt haben. Viele möchten oder können kein Konto anlegen oder einen Provider auswählen. Manche wissen nicht einmal, was eine Datei ist.
Bevor ich hier weiter herumheule, komme ich zu meinen bisherigen technischen Erfahrungen.
Auf dem Smartphone
Die Threema-App habe ich auf meinem Smartphone (FP5 mit /e/OS) viermal neu installiert: Threema Libre, Threema, Threema Libre und wieder Threema 6.0 per side-loading des APKs. Threema Libre gibt es bei F-Droid nur in der alten Version 5.8.2. Die funktioniert zwar gut, erlaubt jedoch nicht das Freischalten der Threema-2.0-beta Desktop-Anwendung. Durch das side-loading habe ich jetzt eine App auf dem Handy, welche nicht durch die Paketverwaltung kontrolliert wird, sondern sich selbst um Updates kümmert. Das kann man hinnehmen, entspricht aber nicht der Linux-Idee, wenn es um ordentliches Paket-Management geht.
Bei der Neuinstallation (auf demselben oder einem anderen Gerät) muss man die Einmalzahlung nicht erneut tätigen. Voraussetzung dafür ist, dass man alle Account-Daten im Passwort-Manager der Wahl (KeePassXY) gespeichert und auch die Backup-Möglichkeiten von Threema in Anspruch genommen hat. Da gibt es zum einen den Threema-Safe und zum anderen das normale Backup:
Der Threema-Safe sichert die Grunddaten des Accounts, während das Daten-Backup alle Chatverläufe und die Medien sichert. Falls ihr Threema ausprobieren möchtet, empfehle ich, alle drei Datengruppen zu sichern:
- Alle Zugangsdaten und Schlüssel
- Metadaten im Threema-Safe sichern
- Verlaufsdaten per Backup sichern
In diesem Artikel gehe ich nicht auf Funktionen, Sicherheit und die Benutzbarkeit von Threema ein. Die Installation der Anwendung ist völlig problemlos und kinderleicht. Bezüglich des Funktionsumfangs (Gruss an Joël) verweise ich auf diese Seite (Kapitel "Funktionen"). An der Android-App gibt es nicht viel zu meckern; sie macht, was sie soll und kommt leichtgewichtig und selbsterklärend daher. Natürlich kann Matrix (Element) viel mehr, ist dafür aber bei der Einrichtung und Bedienung nicht so zugänglich.
Bei der Verwendung von Threema ist mir positiv aufgefallen, dass Datensicherheit und der Schutz der Privatsphäre aus allen Poren quellen. Das fängt bei den Optionen im Einstellungsmenü an, geht über die Backup-Möglichkeiten und endet nicht bei der Anzeige des Sicherheitsstatus per Ampel bei jedem Kontakt. Besonders gut gefällt mir die Bestätigung der Identität des Gegenübers über QR-Scanning.
Um hier nicht in Lobhudelei zu verfallen, gibt es auch Bereiche, die mir nicht gefallen. Vielleicht habe ich sie nur nicht verstanden. Die Verwaltung der Kontaktbilder (Avatare) erschliesst sich mir nicht. Das Kontaktbild wird aus der Kontakt-App des Handys übernommen, falls man der Synchronisation zugestimmt hat. Alternativ kann man selbst ein Bild für einen Kontakt einfügen. Doch dann ist Schluss mit Lustig. Mir ist es nicht gelungen, ein Kontaktbild nachträglich auszutauschen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist das Fehlen einer Sortierung oder Festlegung von Gruppen. Ich verwende Messenger sehr gerne als Zwischenspeicher (Ablage). Üblicherweise sortieren Messenger die Chats und Gruppen nach dem Nachrichteneingang: wer zuletzt einen Eingang erhalten hat, erscheint oben in der Liste. Das ist nicht immer gewollt und sollte einstellbar sein. Zwar kennt Threema eine Pinning-Funktion; diese bezieht sich aber nur auf Posts und nicht auf Chats oder Gruppen.
Auf dem Desktop
Threema gibt es als App für Android und iOS. Ausserdem kann man es im Webbrowser verwenden. Mich interessiert in erster Linie die Desktop-Anwendung. Wenn ich arbeite, was die meiste Zeit des Tages der Fall ist, habe ich alle meine Messenger als Desktop-Anwendungen geöffnet. Der ständige Griff und Blick auf das Handy ist mir fremd. Daher ist für mich ein guter Desktop-Client für Linux ein essenzielles Kriterium bei der Beurteilung eines Messengers.
In diesem Kapitel möchte ich nicht zu streng urteilen, weil sich die neue Threema 2.0 Anwendung für den Desktop erst in der Beta-Phase befindet. Um in den Genuss des Flatpaks zu kommen, reicht es nicht, bei Flathub.org nachzusehen. Dort findet ihr nur die alte Version. Hier findet ihr das Flatpak für die 2.0er-Beta-Version. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei um eine Beta-Version handelt. Falls ihr nicht neugierig seid, lasst die Finger davon.
Um die Beta-Version von Threema-Desktop 2.0 zu installieren, braucht ihr zwingend die 6.0er-Version von Threema auf dem Handy. Nach der Installation und dem Start der Desktop-Anwendung müsst ihr über die Handy-App die Installation bestätigen. Im Menü ist es der Punkt: "Threema 2.0 für Desktop (Beta)", den ihr antippen müsst.
Danach läuft die Linux-Anwendung, und ich habe viele Fragen.
Positiv ist zu vermerken, dass die Desktop-Anwendung schnell startet und sich schnell beendet, ohne im System-Tray herumzulungern. Im Gegensatz dazu startet Element viel langsamer und Telegram braucht beim Beenden ewig. Warum eine Anwendung nach dem Schliessen im System-Tray verbleibt, habe ich noch nie verstanden. Falls man den Effekt haben möchte, reicht es doch aus, die Anwendung zu minimieren.
Bei jedem Start der Anwendung wird man um das Threema-Passwort gebeten, auch wenn man die Option "Verschlüsselt auf diesem Gerät speichern" aktiviert. Ich vermute, es liegt an zu geringen Rechten des Flatpaks. Deshalb habe ich Flatseal gestartet, weiss aber nicht, welche Berechtigung freigeschaltet werden muss, damit Threema den Schlüssel in Gnome-Schlüsselbund (Seahorse) ablegen kann. Ein paar Einstellungsversuche in Flatseal mit Unterstützung der Community, haben zu keiner Lösung geführt.
Threema 2.0 beta präsentiert sich auf dem Desktop hübsch, aber mager:
Die Menüleiste passt nicht ins Bild einer modernen Anwendung, vor allem, weil sie kaum sinnvolle Funktionen enthält. So gibt es z. B. keine Einstellmöglichkeiten für nichts. Die Einstellungen verbergen sich hinter dem Dreipunkt-Menü neben dem eigenen Konto. Doch auch dort sind die Optionen äusserst reduziert. Einstellungen zur Schriftgrösse (welche ziemlich klein ist) sucht man vergebens.
Auch bei den Medienfunktionen bietet der Desktop-Client fast nichts. Die Kontaktbilder lassen sich nicht bearbeiten oder austauschen (was bei der Handy-App auch nicht zufriedenstellend geht) und es können vom Desktop keine Audio- oder Video-Telefonate geführt werden. Auch das Teilen von Multimedia-Inhalten (z. B. Fotos) ist in der Desktop-Anwendung nicht möglich. Dann ist mir aufgefallen, dass Inhalte nicht synchronisiert werden: ein gelöschtes Bild in einer Gruppe (eigene Ablage), wurde im Desktop-Client nicht gelöscht.
Wie gesagt, es handelt sich um eine Beta-Software. Es kann auch sein, dass ich manche Funktionen noch nicht gefunden habe. Im aktuellen Entwicklungsstand macht der Threema-Desktop einen guten ersten Eindruck, ist jedoch aufgrund des Fehlens von grundlegenden Funktionen für den täglichen Gebrauch nur mit grossen Einschränkungen zu empfehlen.
Fazit
Zum Zeitpunkt des Schreibens (11. Mai) konnte ich bereits 11 Personen zum Umzug auf Threema bewegen. Das sind immerhin ein Drittel meiner Telegram-Kontakte und das ist eine gute Quote nach nur drei Tagen. Bis auf das unklare Verwalten der Kontaktbilder bin ich mit der Handy-App sehr zufrieden. Alle anderen Funktionen sind vorhanden und sehr benutzerfreundlich umgesetzt. In der Desktop-Anwendung von Threema fehlen noch wichtige Funktionen. Ich hoffe, dass sich das im Laufe der Beta-Phase verbessert.
Obwohl ich es ungern zugebe, nach den ersten Tagen mit Threema im Vollbetrieb, kommen mir erste Zweifel. Wer die perfekte Funktionalität von Telegram und die geniale Struktur von Element gewohnt ist, könnte sich am Kopf kratzen. Doch ich will nicht verzagen und schiebe alle entdeckten Unzulänglichkeiten auf die Beta-Version, bzw. auf meine Unfähigkeit.
In Teil 2 werde ich euch ein Update geben und mir einige Funktionen genauer ansehen. Selbstverständlich schicke ich diesen Artikel an die Threema GmbH um meinen Beitrag zum Beta-Test zu leisten.
Titelbild: https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-frau-spielen-paket-7203953/
Quellen: im Text
Was mich bei Threema und auch Signal nervt ist, dass es kein vernünftiges Backup gibt zumindest auf ios. Ich finde es schon blöd, wenn man eine Chat-Historie verliert. Bei Signal kann man es durch den Desktop noch erreichen. Last but not least: Threema zeigt mir in einem Gruppenchat nicht mehr alle Nachrichten an. Laut Statistik sind alle Nachrichten da, aber ich kann sie nicht mehr sehen. Das spricht nicht gerade für die Messenger. Da ich Telegram und WhatsApp nicht nutze, weiß ich allerdings auch nicht ob es da besser ist :-/
Kurzer Hinweis zum Pinnen von Chats: das sollte per wischen nach rechts möglich sein. Leider gibts dazu keine extra Einstellung in irgendeinem Menü. Ich Weiß aber nicht wie viele Chats man Pinnen kann, weil ich bisher nur einen aktiven Chat bei Threema habe.
Ich habe vor einiger Zeit WhatsApp den Rücken gekehrt und biete seitdem Signal und auch Threema an. Bei Signal sind es 5 Kontakte, bei Threema genau einer.
Nie im Leben käme ich aber auf die Idee, für jemand anderes die Gebühren für einen Messenger zu übernehmen. Wer mich auf den üblichen Kanälen, die da wären E-Mail, SMS, Signal, Threema, Anrufen, nicht erreichen kann oder das als Etepetete einfach nicht will, dem kann ich nicht helfen.
Ein Problem ist natürlich das Ökosystem der Messenger, welches zweifellos von Großkonzernen beherrscht wird. Das eigentliche Problem sind aber die Menschen, die nicht verstehen wollen dass sie genannte Konzerne gar nicht brauchen. Und das gilt nicht nur für jene, die eine Welt ohne Internet nie kennengelernt haben.
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After I lost important voice messages in Whatsapp due to smartphone breakdown and I had no backup, I avoid messengers with E2E encryption. My brother and I use Matrix clients Fractal and Quaternion without E2E encryption (reliable synchronization). And for calls with my mom - Linphone.