Serie: Musik-Streamer - Spotify

  Ralf Hersel   Lesezeit: 12 Minuten  🗪 4 Kommentare

Wenn es um Musik-Streaming geht, ist Spotify die Marke, die den meisten einfällt. Ob der Dienst dem gerecht wird, lest ihr hier.

serie: musik-streamer - spotify

Im Rahmen unserer Serie über Musik-Streamer darf natürlich der Platzhirsch Spotify nicht fehlen. Viele von euch kennen Spotify aus eigener Erfahrung. Für diesen Artikel habe ich mir einen temporären Premium Account eingerichtet.

Die Firma

Spotify (aus englisch to spot ‚entdecken‘) ist ein börsennotierter Audio-Streaming-Dienst mit Sitz in Stockholm. Neben Musik können auch Hörbücher, Podcasts und - seit gestern in einigen Ländern - auch Musikvideos gestreamt werden. Die Firma wurde am 23. April 2006 von Daniel Elk in Schweden gegründet. Im Jahr 2022 beschäftigte Spotify über 8'000 Mitarbeitende und erwirtschaftete einen Umsatz von knapp 12 Mrd. Euro.

Mittels Spotify können DRM-geschützte Musiktitel von einer Reihe Musiklabels wie Sony, Warner Music Group und Universal sowie zahlreicher kleiner Labels und mehr als 4,7 Millionen Podcasts mit Internetverbindung gehört und/oder auf die eigenen Endgeräte heruntergeladen werden. Der Dienst ist auf einer Vielzahl von Geräten verfügbar, darunter PCs, Smartphones und Tablets. Nutzer können mithilfe der bereitgestellten Apps den verfügbaren Musikkatalog durchsuchen, Wiedergabelisten erstellen und diese mit anderen Nutzern teilen. Spotify benutzt ein Freemium-Modell. Einfache und grundlegende Dienstleistungen sind kostenlos und werbefinanziert, erweiterte oder zusätzliche Funktionen sind Teil eines Premium-Angebots. Mit 515 Millionen aktiven Nutzern, von denen 210 Millionen zahlende Abonnenten sind, ist Spotify 2022 einer der weltweit grössten Audio-Streaming-Abonnementdienste. Mit Stand von März 2023 waren über 100 Millionen Musiktitel abrufbar.

Das Angebot

Der Dienst bietet ein freies Abo an, welches durch Werbeunterbrechungen und keine freie Auswahl der Abspielfolge eingeschränkt ist (shuffle mode). Die Audio-Qualität beim freien Abonnement liegt unter CD-Qualität. Für die ernsthafte Nutzung gibt es vier Angebote:

Zusätzlich gibt es ein Familien-Abo für 22.95 CHF, an dem 6 Personen teilnehmen können, die an derselben Adresse (IP-Adresse) wohnen. Ich weise darauf hin, dass es sich um Preise für die Schweiz handelt. Hier sind die Preise für Deutschland:

Preislich liegt Spotify in der unteren Hälfte, verglichen mit Tidal, Deezer und Qobuz. Die Streaming-Dienste der GAFAM lasse ich bewusst aus, weil ich denke, dass diese für unsere Leserschaft nicht infrage kommen.

  • Tidal mit CD-Qualität (wie Spotify) kostet 13.90 CHF und 25.90 CHF mit HiRes-Qualität
  • Qobus in HiRes-Qualität kostet 14.99 CHF (mindestens CD-Qualität, fall HiRes nicht vorhanden)
  • Deezer kostet 14.95 CHF, mit angeblicher FLAC-Qualität, was ich noch testen muss.
  • Napster bietet das Einzel-Abo für 14.29 CHF an und verspricht auch hohe Qualität. Auch das ist noch zu beweisen.

Die Anwendungen

Spotify bietet ein riesiges Angebot an Anwendungen für alle erdenklichen Geräte. Das reicht von Anwendungen für den Desktop, Smartphones, Stereoanlagen, Smarthome Geräten, Fernsehern bis zu Appliances im Auto und auf dedizierten Audio-Geräten. Einen Überblick gibt diese Seite von Spotify.

Betrachtet man den Webplayer (hier als proprietäre Electron-Anwendung aus dem Flathub-Store) so zeigt sich ein Fenster mit vielen Möglichkeiten:

Mir persönlich halte das UI für etwas überlastet, was jedoch dem grossen Angebot von Spotify geschuldet ist. Irgendwo muss man den Zugriff auf Musik, Empfehlungen, Podcasts, Videos, Lyrics, Playlisten, usw. unterbringen. Hier hat man es mittlerweile eher mit einem Media-Center statt mit einem Musik-Streamer zu tun.

Leider wird zu den Musiktiteln keine Information zur Audio-Qualität angezeigt, doch dazu später mehr. In der Play-Leiste (ganz unten rechts) kann man Details zum aktuellen Song anzeigen lassen. Zudem gibt es eine Schaltfläche für die Lyrics, welche im Karaoke-Stil dargestellt werden. Mit dem Schalter "Gerät verbinden" kann man die Musikwiedergabe auf alle verfügbaren Geräte weiterleiten. Das sind solche, die sich im Netzwerk als Spotify-Connect-fähig ausweisen: Smartphones, Stereoanlagen, Fernseher, usw.

Objektiv betrachtet gehören die Anwendungen von Spotify zu den Besten im Markt der Musik-Streamer. Für meinen Geschmack können die Spotify-App fast zu viel.

Doch wie sieht es mit Freier Software aus? Wenn ich in Pamac (Manjaro-Paketmanager: Arch, AUR, Flatpak, Snap) nach Spotify suche, erhalte ich eine lange Liste (mehr als 50 Pakete). Das Angebot reicht von Spotify-Playern für verschiedene Desktop-Umgebungen, über TUI-Anwendungen für das Terminal, bis zum Daemon Spotifyd, mit dem man Spotify auf einem Server installieren und als Connect-Gerät ansteuern kann. Ausserdem gibt es das Debian-Paket Raspotify. Dabei handelt es sich um eine Anwendung für den Raspberry Pi, die auf der Bibliothek librespot aufsetzt, um sich mit der Spotify-API verbindet. Damit macht man seinen Raspi zum Spotify Connect Gerät. Wer eine Appliance für den Raspberry Pi sucht, kann sich den Moode Audio Player ansehen.

Die Vergütung

Zur Frage der Vergütung der Künstler:innen verweise ich auf meinen Artikel von vorgestern, in dem ich die Bezahlung der Kunstschaffenden recherchiert habe. Spotify zahlt nur 0.0032 $ pro Stream. Um als Künstler:in 1'000 $ zu verdienen, müssen mehr als 300'000 Streams eines Titels gehört werden. Damit rangiert Spotify im unteren Bereich der Vergütung. Falls einem die Bezahlung der Musikschaffenden wichtig ist, ist Spotify eine schlechte Wahl. Dabei ist die Marktdurchdringung zu berücksichtigen. Diese ist bei Spotify sehr hoch. Daher kann es sein, dass man als Künstler:in eher auf seine Kosten kommt, als bei einem anderen Musik-Streamer, der zwar anständiger bezahlt, aber weniger Hörer:innen hat.

Ein wenig am Thema vorbei, aber dennoch interessant, ist die Rückkehr von Neil Young zu Spotify.

Die Musik

Im Rahmen dieser Serie habe ich einige Suchen und Hörproben durchgeführt. Der Musikkatalog von Spotify gehört mit zu den Besten, falls er nicht der beste ist. Aus den vielen Suchen möchte ich hier nur ein Beispiel nennen: Die Suche nach Morgan David King führt bei Spotify zum gewünschten Ergebnis. Bei Qobuz findet man zu diesem Künstler nichts. Tidal liefert ein Suchergebnis, welches aber nicht dem Gewünschten entspricht. Dabei halte ich MDK nicht für so exotisch, dass die Dienste ihn nicht im Katalog aufführen sollten. Da würden mir wirkliche Exoten einfallen, die ich trotzdem hören möchte.

Auch, wenn ich mich wiederhole: Wer knapp 200 Euro für einen Musik-Streamer im Jahr hinlegt, möchte doch alles finden können, was gewünscht ist. Doch vielleicht bin ich zu naiv. Bei den Video-Streamern ist das Angebot noch viel verstreuter. Es reicht nicht aus, Netflix zu abonnieren.

Die grosse Kritik an Spotify bezieht sich auf die Qualität der Musik. Das Internet ist voll vom Gejammer der geschundenen Ohren. Wie bereits erwähnt, gibt es in den Spotify-Anwendungen keine Anzeige der Audio-Qualität. Zu diesem Thema werde ich einen eigenen Artikel in dieser Serie schreiben und mich dem Zorn aller Toningenieure stellen. Spotify macht diese Angaben zur Audio-Qualität:

Nun gut, damit kann man nicht viel anfangen, bevor einem die technischen Grundlagen nicht bekannt sind. Da ich den Artikel über Audio-Qualität noch nicht geschrieben habe, beziehe ich mich heute auf das Test-Hören des gleichen Titels in verschiedenen Streamingdiensten. Leider sieht man bei Spotify Premium nicht, ob ein Titel mit dem AAC-Codec mit 24, 96, 160 oder 320 Kbit/s ausgespielt wird. Deshalb nehme ich zum Vergleich einen Titel, von dem ich annehme, dass er mit AAC/320 verfügbar ist, nämlich ein Klassik-Stück: Anne-Sophie Mutter, Theme from Schindler's List, in der Aufnahme vom Arts Orchestra of Los Angeles dirigiert von John Williams.

Ohne die Qualität technisch überprüfen zu können, bin ich enttäuscht von dem, was Spotify hier abliefert. Dieser wunderbaren Violinen-Offenbarung fehlt bei Spotify alles, was einem beim Hören die Tränen in die Augen treibt. Da gibt es weder Tiefe noch Breite noch Gefühl.

Im Gegensatz dazu spielt Qobuz Anne-Sophie Mutter mit 24 Bit/96 kHz auf. Das ist zwar nicht das höchste der Gefühle, jedoch ein grosser Unterschied zum Sound bei Spotify. Mal sehen, was Tidal zu bieten hat. Dort wird das Theme from Schindler's List mit 16 Bit und 44.1 kHz abgespielt, was CD-Qualität entspricht. Das klingt ähnlich schlecht wie bei Spotify.

Das muss für euch kein Entscheidungskriterium sein. Es liegt daran, was einem wichtig ist. Wer ein grosses Angebot schätzt, mit mittlerer Tonqualität leben kann und den Künstler:innen wenig zahlen möchte, ist bei Spotify genau richtig.

Die Konnektivität

Spotify bietet viele Möglichkeiten, die Musik auf allen möglichen Geräten und Verbindungen zu hören. Das macht kein anderer Anbieter so gut wie die schwedische Firma. Gerade im Bereich der Freien Software gibt es viele Lösungen, um Spotify in das eigene Heim einzubinden. Fast alle freien Musik-Server bieten Plug-ins für Spotify Premium. Die Firma unterstützt die Entwicklung von freien Lösungen sogar mit einem eigenen GitHub-Account: Spotify ❤’s Open Source

Fazit

Im Intro zu dieser Artikelserie habe ich Spotify auf Nummer 1 gesetzt. Das geschah nach meinem Bauchgefühl. Nach vielen Recherchen und Ausprobieren, bleibe ich dabei: wenn es um die beste Unterstützung für Freie Software, bei ansonsten prekären Konditionen geht, ist Spotify die Streaming-Lösung für John Doe und Lieschen Müller. Im Vergleich zu den anderen Musik-Streaming-Anbietern bieten sie und die Community mehr offene Lösungen als die anderen kommerziellen Dienste.

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Spotify

https://connect.spotify.com/

https://flathub.org/apps/com.spotify.Client

https://www.rollingstone.de/neil-young-spotify-rueckkehr-2707525/

https://support.spotify.com/de/article/audio-quality/

https://www.billboard.com/culture/tv-film/john-williams-schindlers-list-theme-8528669/

https://spotify.github.io/

Tags

Musik, Musik-Streamer, Spotify

Ralf
Geschrieben von Ralf am 14. März 2024 um 11:18

Hallo, Danke für den Artikel, lustige Anekdote dazu: Ich hab einen Acoount bei einem Napster-Reseller und hab da nach Morgan david king gesucht, der fand auch nix, aber unter "MDK" das gesamte Programm ;-) . Ähnliches ist mir schon häufiger aufgefallen, dass die Suchfunktionen eher verbesserungswürdig sind. Grüße Ralf

Pol Rubi
Geschrieben von Pol Rubi am 14. März 2024 um 13:09

Auf Qobuz habe ich MDK auch gefunden aber nicht unter dem Namen Morgan David King

Klaus
Geschrieben von Klaus am 15. März 2024 um 13:17

Danke für den Spotify Artikel. Leider muss ich etwas ganz anderes kritisieren an Spotify. Mir fehlt eine Art Beschwerdestelle. Ich selber höre Progressive Metal und Metal allgemein. In den Spotify Podcast Empfehlungen tauchen dann NeoNazi Inahlte auf. Finde ich nicht witzig. Habe aber keine Stelle gefunden, um ich zu beschweren.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 15. März 2024 um 17:08

Das ist aber nicht wirklich MDK, was Qobuz findet.