Wenn die Copyright-Jäger kommen

  Ralf Hersel   Lesezeit: 11 Minuten  🗪 5 Kommentare Auf Mastodon ansehen

In den letzten Wochen wurde GNU/Linux.ch vermehrt mit Urheberrechtsverletzungen konfrontiert. Warum ist das so, und was kann man besser machen?

wenn die copyright-jäger kommen

Titelbild: Gerd Altmann, Pixabay

Das GNU/Linux.ch-Magazin gibt es seit viereinhalb Jahren. In den 4168 Artikeln befinden sich ca. 15'000 Bilder. Bei den Bildern achten wir darauf, dass die Autoren das Recht daran haben (z. B. bei Screenshots) bzw. freie Bilder verwendet werden. Als Quelle für freie Bilder empfehlen wir Pixabay, Pexels oder Unsplash. Diese Bilder kann man ohne Probleme in eigenen Artikeln verwenden.

Als Beispiel soll das Titelbild für diesen Beitrag dienen. Es stammt von Pixabay (Suchbegriff: "Copyright") und wurde von Gerd Altmann aus Freiburg erstellt. Für die Pixabay-Bilder gilt deren Content License (übersetzt und gekürzt):

Pixabay ist eine lebendige Gemeinschaft von Autoren, Künstlern und Kreativen, die lizenzfreie Bilder, Videos, Audios und andere Medien teilen. Wir bezeichnen dies zusammenfassend als „Inhalt“. Indem Sie auf die Inhalte zugreifen und sie nutzen oder indem Sie Inhalte beisteuern, erklären Sie sich mit der Einhaltung unserer Inhaltslizenz einverstanden.

Bei Pixabay möchten wir die Dinge so einfach wie möglich halten. Daher haben wir diese kurze Zusammenfassung unserer Inhaltslizenz erstellt.

Was dürfen Sie mit den Inhalten tun?

Vorbehaltlich der verbotenen Nutzungen (siehe unten) erlaubt die Inhaltslizenz den Nutzern:
✓ Inhalte kostenlos zu nutzen
✓ Inhalte ohne Nennung des Urhebers zu verwenden (obwohl die Nennung des Urhebers von unserer Community immer geschätzt wird!)
✓ Inhalte in neuen Werken zu modifizieren oder anzupassen


Was dürfen Sie mit Inhalten nicht tun?

Wir bezeichnen diese als verbotene Nutzungen, die Folgendes umfassen:

✕ Sie dürfen Inhalte (in digitaler oder physischer Form) nicht alleinstehend verkaufen oder verbreiten. Eigenständig bedeutet, dass keine kreativen Bemühungen auf den Inhalt angewandt wurden und er im Wesentlichen in der gleichen Form bleibt, wie er auf unserer Website existiert.
Enthält der Inhalt erkennbare Warenzeichen, Logos oder Marken, dürfen Sie diesen Inhalt nicht für kommerzielle Zwecke in Bezug auf Waren und Dienstleistungen verwenden. Insbesondere dürfen Sie diese Inhalte nicht auf Waren oder andere physische Produkte zum Verkauf drucken.
✕ Sie dürfen Inhalte nicht auf unmoralische oder illegale Art und Weise verwenden, insbesondere Inhalte, die erkennbare Personen zeigen.
✕ Sie dürfen Inhalte nicht in irreführender oder betrügerischer Weise verwenden.
✕ Sie dürfen Inhalte nicht als Teil eines Warenzeichens, einer Designmarke, eines Handelsnamens, eines Geschäftsnamens oder einer Dienstleistungsmarke verwenden.

Das ist klar und einfach. Obwohl die Nennung des Urhebers nicht nötig ist, halte ich es (ab jetzt) für eine Ehrensache, den Urheber in den Quellen zu nennen. Leider bietet Pixabay dafür keinen praktischen Link an, den man kopieren könnte. Deshalb verwende ich den Link auf die Detailseite des Bildes (siehe unten: Bildquelle).

Ja, was denn nun?

In den letzten Wochen haben wir drei E-Mails von Rechtsverwaltern erhalten. Wir wurden darauf hingewiesen, dass wir in bestimmten Artikeln urheberrechtlich geschützte Bilder verwenden. Die ersten beiden E-Mails kamen vom Commonwealth Legal Services in Arizona, USA. Der E-Mail-Verkehr mit dieser Agentur war sehr freundlich. Nachdem ich das betroffene Bild korrekt attribuiert und verlinkt hatte, war alles in Ordnung. Die Agentur hat sich bedankt und die Angelegenheit für erledigt erklärt.

Heute haben wir eine Nachricht vom Stockimage-Hoster Alamy erhalten. Darin wurden wir aufgefordert, 440 CHF für ein Bananen-Bild zu bezahlen. 400 CHF für das Bild und 40 CHF an Bearbeitungsgebühren. Eine Heilung durch nachträgliches Attribuieren und Verlinken war keine Option. Ich habe darauf mit einem Jammer-Brief geantwortet und auf "fair use" plädiert. Mal sehen, was daraus wird. Interessant ist, dass die Lizenz für das Bild 22 EUR kostet.

Wie konnte es dazu kommen?

Die Antwort kann ich statistisch begründen. Bei 15'000 Bildern gibt es einen geringen Anteil, der aus dem Raster fällt. Die Vorsätze und Regeln mögen noch so gut sein; bei einem Promille greifen sie nicht. Dann rutscht halt doch mal ein unfreies Bild in einen Artikel hinein. Bei den drei Bildern, die bisher abgemahnt wurden, handelt es sich um Artikel, die ich geschrieben habe. Auch dafür gibt es eine statistische Erklärung: Ich schreibe 50 % aller Artikel bei GNU/Linux.ch.

Das ist natürlich keine Entschuldigung, sondern eine Nachlässigkeit meinerseits. Bisher haben wir in den Regeln von GNU/Linux.ch keinen Passus, dass Autoren die rechtliche Verantwortung für ihre eigenen Beiträge übernehmen. Wir werden das hinzufügen, damit sich die Autoren bewusst sind, was auf sie zukommen kann. Selbstverständlich werde ich die Strafe für die Urheberrechtsverletzung beim Bananenbild aus eigener Tasche bezahlen.

Was ist mit KI-generierten Bildern?

Die Rechtslage ist unklar. Dieser Artikel fasst es gut zusammen. Der Status quo ist, dass KI-generierte Bilder nicht urheberrechtlich geschützt sind. Die Firma OpenAI (ChatGPT) schreibt:

Unter der Voraussetzung, dass Sie unsere Nutzungsbedingungen einhalten, überträgt Ihnen OpenAI hiermit alle Rechte, Titel und Interessen an und in Bezug auf den Output. Das bedeutet, dass Sie den Inhalt für jeden Zweck nutzen können, einschließlich kommerzieller Zwecke wie Verkauf oder Veröffentlichung, unter Einhaltung der Nutzungsbedingungen.

Ähnlich äussern sich andere KI-Firmen. Falls ihr KI-Bilder in Artikeln verwenden möchtet, empfehle ich, den Generator und Prompt (zumindest grob) anzugeben. Wie das geht, könnt ihr in diesem Artikel sehen. Auch diesbezüglich werden wir unsere Regeln präzisieren.

Wartet, es kommt noch mehr!

Wie wäre es, die komplette GNU/Linux.ch Webseite nach Copyright-Verstössen bei der Verwendung von Bildern scannen zu lassen? Perplexity sagt, da gibt es nichts, ChatGPT meint, dass es Dienstleister dafür gibt. Nach einer kurzen Suche bin ich auf PicDefence gestossen. Zu deren Angebot hatte ich Fragen, die schnell beantwortet wurden. Hier seht ihr die Antworten in einer übersetzten und leicht gekürzten Fassung. Marcel Mosley von PicDefence antwortet auf meine Fragen:

Hallo Ralf,
 
vielen Dank für Ihre nachdenklichen und direkten Fragen! Lassen Sie mich auf jede einzelne klar und präzise eingehen:
 
Kann ich einen Testlauf durchführen, bevor ich Tausende von Dollar an Sie bezahle, ohne dass Sie Ihre Erkennungsleistung bestätigen?
 
Ja, natürlich! Wir wissen, wie wichtig es ist, unseren Service zunächst auszuprobieren. Aus diesem Grund bieten wir ein flexibles Pay-as-you-go-Modell an. Sie können mit nur 20 Dollar für 100 Credits beginnen und haben so die Möglichkeit, eine begrenzte Anzahl von Bildern zu analysieren, ohne eine große finanzielle Verpflichtung einzugehen. Auf diese Weise können Sie die Leistung bewerten und sicherstellen, dass sie Ihren Anforderungen entspricht, bevor Sie das Angebot erweitern.
 
Wie hilft die Erkennung von Urheberrechtsverletzungen überhaupt? Agenturen, die Urheberrechtsverletzungen aufspüren, arbeiten rückwärtsgewandt und verweisen auf archive.org.
 
Sie haben Recht - Agenturen nutzen Archive.org und andere Tools häufig, um rückwirkend Ansprüche geltend zu machen. Deshalb empfehlen wir eine Doppelstrategie:

Proaktive Einhaltung: PicDefense identifiziert risikoreiche Bilder auf Ihrer Website und hilft Ihnen, Lizenzen zu ersetzen oder zu erwerben, bevor potenzielle Probleme auftreten. Dieser proaktive Ansatz minimiert Ihr Risiko für derartige Ansprüche.

Entfernen von Inhalten aus Archive.org: Es ist auch ratsam, die Entfernung Ihrer Website aus Archive.org zu beantragen, um deren Verwendung gegen Sie zu verhindern. Wir haben diesen Vorgang in einem hilfreichen Leitfaden detailliert beschrieben: Wie Sie Ihre Website aus Archive.org entfernen. Durch die Kombination dieser Strategien können Sie das Risiko von Aufforderungsschreiben wirksam verringern und gleichzeitig den Taktiken zur Durchsetzung des Urheberrechts einen Schritt voraus sein.

Woher weiß ich, dass Sie keine Agentur sind, die Verletzer von Urheberrechten jagt?
 
Das ist eine berechtigte Sorge, und wir verstehen das Misstrauen in diesem Bereich vollkommen. PicDefense wurde von uns ins Leben gerufen, weil wir genau dieselbe Situation aus erster Hand erlebt haben und wir sie für völlig unfair hielten. Ehrlich gesagt hat man das Gefühl, dass diese Copyright-Trolle die Leute nur für Geld ausnehmen. Deshalb haben wir dieses Tool entwickelt: um anderen zu helfen, die sich in genau der gleichen Situation befinden.
 
Im Gegensatz zu Urheberrechtsvollstreckungsstellen ist PicDefense rein defensiv. Wir setzen keine Urheberrechte durch oder fordern Zahlungen für angebliche Verstöße. Stattdessen konzentrieren wir uns ausschließlich darauf, Nutzer wie Sie in die Lage zu versetzen, Risiken zu erkennen, die Einhaltung von Vorschriften zu verwalten und kostspielige rechtliche Probleme zu vermeiden. Unser Ziel ist es, Website-Besitzer vor diesen unlauteren Praktiken zu schützen - und nicht, von Durchsetzungstaktiken zu profitieren.
 
Mit freundlichen Grüßen,
Marcel Mosley
PicDefense Support

Ich kommentiere die Antwort von Marcel Mosley nicht; das überlasse ich euch. Schreibt eure Meinung in die Kommentare zu diesem Artikel. Sieht es wie eine KI-Antwort aus? Hier ist Medienkompetenz gefragt. Interessant finde ich den Hinweis auf die Entfernung von Seiten aus archive.org. Bisher ist mir noch nicht in den Sinn gekommen, dass archive.org gegen Dich eingesetzt werden kann. Hier seht ihr das Ergebnis der WaybackMachine für GNU/Linux.ch.

Aufruf

Ich würde den Urheber des Titelbilds (Gerd Altmann, Freiburg, DE) gerne um seine Meinung zum Thema bitten. Leider habe ich keine einfache Möglichkeit gefunden, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Vielleicht kennt ihn jemand von euch und kann ihm diesen Artikel schicken.

Bildquelle: Gerd Altmann, Pixabay: https://pixabay.com/illustrations/artificial-intelligence-author-7778032/

Quellen: stehen alle im Artikel

Tags

Copyright, Bilder, Stock-Images, Urheberrecht, Pixabay, Abmahnung

Thomas
Geschrieben von Thomas am 22. November 2024 um 08:50

Ralph, du schreibst "Leider bietet Pixabay dafür keinen praktischen Link an, den man kopieren könnte." Das sehe ich anders. Wenn du ein Bild von pixabay herunterlädst, dann öffnet sich ein Dialog wo du mit einem Klick den Text "Image by Gerd Altmann from Pixabay" kopieren kannst. Den würde ich dann immer im Artikel mit dem dazugehörigen Bild einfügen. Dabei wird auch der Autor und Pixabay entsprechend verlinkt.

Markus
Geschrieben von Markus am 22. November 2024 um 09:23

Hi,

bisher war mein Stand bei KI: Die generierten Bilder haben in der EU erst mal keinen Urheber. Allerdings wird der Inhalt gleich behandelt, wie alles andere auch. Wenn die KI "zufällig" ein Bild generiert, in dem eine Maus ist, die aussieht, wie die Maus von Disney, dann gilt das Urheberrecht.

Das ist wirklich eine Situation. Auf der einen Seite ist frei und foss usw. total super, auf der anderen Seite, müssen Menschen auch ihre Familien ernähren. Das gilt auch für Bilder.

Schönen Gruß

El Pollo Diablo
Geschrieben von El Pollo Diablo am 22. November 2024 um 11:21

Hallo Ralf, Du kannst den Urheber des Bilders über Pixabay kontaktieren (sofern Du auch einen Account bei Pixabay hast). Du musst dazu nur auf seine Profilseite bei Pixabay gehen und findest am rechten Bildrand ein unscheinbares Sprechblasen-Icon, über dass Du ihm eine Nachricht schicken kannst.

Beste Grüße, Das Hähnchen

tux0r
Geschrieben von tux0r am 22. November 2024 um 12:02

> Interessant ist, dass die Lizenz für das Bild 22 EUR kostet.

Und die wurde warum genau nicht vorher erworben?

onli
Geschrieben von onli am 22. November 2024 um 12:25

Guckt auch mal, wie bei euch die Rechtslage ist. "400 CHF für das Bild und 40 CHF Bearbeitungsgebühr" für ein Bild, das nur 22€ gekostet hätte, wäre nach manchem Urteil in Deutschland überhaupt nicht zulässig. Versuchen die angeblichen Rechteinhaber natürlich trotzdem zu fordern, können sie vor Gericht aber durchaus verlieren.