Gestern war kein guter Tag für Anwender:innen von alternativen Suchmaschinen. Vermutlich haben es die meisten von euch mitbekommen: DuckDuckGo ging nicht, Ecosia ging nicht, die Suchfunktion in Copilot hatte Probleme und selbst ChatGPT war betroffen. Der Grund dafür war ein bisher nicht näher bekanntes Problem beim Suchindex von Microsoft Bing. Die Suche in Bing war am ehesten wieder verfügbar, bei den davon abhängigen Suchmaschinen dauerte es etwas länger.
Und die Liste derjenigen Suchmaschinen, die vom Bing Index abhängen, ist lang. Lioh hat dankenswerterweise eine Seite ausgegraben, die diese Abhängigkeiten beschreibt und ständig aktualisiert. Dort erfährt man, dass es nur vier grosse Such-Indexe gibt: Google, Bing, Yandex und Mojeek. Während es relative wenige Suchmaschinen gibt, die sich des Google-Indexes bedienen (z. B. Startpage), sieht es bei den Bing-Abhängigen ganz anders aus. Es sind über 20 Suchdienste, die darauf aufbauen. Darunter findet man: DuckDuckGo, Yahoo, Qwant, Ecosia und Swisscows, um nur ein paar bekannte zu nennen. Somit ist der Liste der Ausfälle viel länger, als in den Tech-Medien heute berichtet wurde.
Downdetector, 23. Mai 2024, Bing
Der Ausfall lässt zwei Lampen in meinem Kopf aufleuchten. Zum einen fällt mir das xkcd-Meme mit dem Typen aus Nebraska ein:
xkcd: Dependency
Für den jetzigen Fall lässt sich das Meme so umdeuten, dass zu viele Suchmaschinen von zu wenigen Such-Indexen abhängen. Eine begrüssenswerte Initiative, um dem entgegenzuwirken, ist der Aufbau eines offenen europäischen Such-Indexes. Diesem Ziel hat sich das EU-Projekt Openwebsearch verschrieben. Dort heisst es:
Förderung der Unabhängigkeit Europas bei der Websuche
14 renommierte europäische Forschungs- und Rechenzentren haben ihre Kräfte gebündelt, um eine offene europäische Infrastruktur für die Websuche zu entwickeln. Die Initiative wird einen Beitrag zur digitalen Souveränität Europas leisten und einen offenen, auf den Menschen ausgerichteten Suchmaschinenmarkt fördern.
Das zweite Lämpchen in meinem Kopf erinnerte mich an die Artikelserie über alternative Suchmaschinen, die wir vor knapp 2 Jahren geschrieben haben. Darin wurden 5 Sucher im Detail beschrieben und bewertet. Als Sieger unter den Suchmaschinen ging Metager hervor. Wer sich an die Empfehlung aus dieser Serie gehalten hat, bemerkte gestern nichts von dem Ausfall bei Microsoft. Ich selbst verwende überwiegend DuckDuckGo, weshalb ich den Ausfall gestern Morgen sofort bemerkt habe. Das war kein Problem, weil ich auf Startpage ausgewichen bin.
Fazit
Nicht nur bei kritischen Software-Komponenten gilt es die Resilienz zu erhöhen, sondern auch bei kritischen Services. Durch Organisationen wie den Souvereign Tech Fund, der gerade erst FFmpeg mit 157'000 Euro unter die Arme gegriffen hat und durch das europäische Bestreben, einen offenen Such-Index aufzubauen, lassen sich solche Ausfälle und Abhängigkeiten zukünftig abbauen. Ihr selbst könnt dazu beitragen, indem ihr alternative Suchmaschinen verwendet und damit die Notwendigkeit für diese untermauert. Habt ihr mal darüber nachgedacht, solche Suchmaschinen in eurer Familie, im Bekanntenkreis, in der Schule oder Firma bekannter zu machen?
Quellen:
https://downdetector.com/status/bing/
https://seirdy.one/posts/2021/03/10/search-engines-with-own-indexes/
Finde diese Übersicht ganz gut https://www.searchenginemap.com/
Zumindest im Fall von Metager stimmen die Angaben aber nicht. Dort heißt es, dass Metager nur Bing verwende...
Die Angabe zu Brave ist ebenfalls falsch. Die Suchmaschine benutzt seit letztes Jahr komplett seinen eigenen Index. Und auch vorher war die Abhängigkeit gering, die Seite hätte bei einem solchen Ausfall weiterhin gute Ergebnisse anzeigen können.
achso, danke für den Hinweis. Schade, ich hatte mich bisher immer auf diese Map verlassen.
Kann deiner These nicht so ganz folgen, Ralf. Wie viele Indizes brauchen wir denn, um gut ausgestellt zu sein? Jeder weiter Index verbraucht unnötig Energie und Ressourcen. Freie Indizes wird es nicht geben, da der Aufwand irgendwie finanziert werden muss Das europäische Wunschprojekt ist als politisch motivierter Index schwerlich als frei einzustufen. In den Indizes lässt sich nur finden, was die Betreiber freizuschalten beabsichtigen. Wollen wir wirklich einen Index unter der Ägide von Zensursula? Mal ein anderer Gedanke: Könnte man so einen Index nicht auch als Fediverse Konzept sehen. Keiner tut alles alleine, sondern kümmert sich um die unmittelbare Umgebung und stellt es anderen Instanzen zur Verfügung. Die Fediverse Dienste als Ganzes verfügen bereits über einen gigantischen Fundus an strukturierten und klassifizierten Daten. Da würde man schon bei weit über Null anfangen. Ich weiß nicht, ob man überhaupt noch crawlen müsste. Irgendwann taucht doch alles irgendwie in den sozialen Netzen auf.