Zum Wochenende: Gedanken zur Zukunft des Desktops

  Ralf Hersel   Lesezeit: 5 Minuten  🗪 9 Kommentare

Die Entwicklung der Desktop-Umgebungen von GNU/Linux-Distributionen steht vor grossen Herausforderungen.

zum wochenende: gedanken zur zukunft des desktops

GNU/Linux, der Eckpfeiler der freien Betriebssysteme, ist seit jeher ein Synonym für Flexibilität und Auswahl, insbesondere durch seine vielfältigen Desktop-Umgebungen (DEs). Diese DEs sind mehr als nur Benutzeroberflächen; sie sind Zugänge, die die Interaktion des Benutzers mit der weiten Welt von GNU/Linux definieren. Dieser Artikel befasst sich mit der zukünftigen Entwicklung von Linux-Desktops und betrachtet kommende Trends und Innovationen.

Die Reise der Linux-Desktops war eine bemerkenswerte Entwicklung, von rudimentären Fenstermanagern wie twm bis hin zu hoch entwickelten, funktionsreichen Umgebungen wie GNOME und KDE Plasma. Jeder Schritt in dieser Entwicklung hat zu mehr Intuitivität, Anpassbarkeit und Effizienz geführt und ein breites Spektrum an Benutzerpräferenzen und Systemfähigkeiten abgedeckt.

Im Jahr 2023 ist die Desktop-Landschaft dynamisch und vielfältig. GNOME und KDE Plasma sind am beliebtesten und bieten eine Mischung aus Ästhetik und Funktionsvielfalt. XFCE und LXQt bleiben Favoriten für diejenigen, die nach leichtgewichtigen Alternativen suchen, während Cinnamon und MATE Benutzer ansprechen, die ein eher traditionelles Desktop-Gefühl bevorzugen. Der gemeinsame Nenner dieser DEs ist ihr Engagement für die Anpassung, die es den Benutzern und Benutzerinnen ermöglicht, ihre Computererfahrung nach ihren Wünschen zu gestalten.

Welche Trends gibt es bei den Desktop-Umgebungen?

  • Integration von KI und maschinellem Lernen: Zukünftige Linux-Desktops könnten KI nutzen, um Aufgaben zu automatisieren und personalisierte Benutzererfahrungen zu bieten. Stellt euch einen Desktop vor, der die Arbeitsabläufe auf der Grundlage deiner Gewohnheiten organisiert oder Vorschläge zur Verbesserung der Produktivität macht.

  • Verbesserte Grafiken und Animationen: Der Einsatz moderner Grafikprozessoren ist nicht nur für Spiele gedacht. Linux-Desktops enthalten zunehmend ausgefeilte grafische Elemente und Animationen, die das Desktop-Erlebnis visuell ansprechend gestalten.

  • Unterstützung von Touchscreens und Gesten: Mit der zunehmenden Verbreitung berührungsempfindlicher Geräte werden Linux-Desktops so weiterentwickelt, dass sie Gestensteuerung und Touchscreen-Eingaben unterstützen, was sie in verschiedenen Hardwarekonfigurationen vielseitiger macht, auch auf Smartphones.

  • Cloud-Integration und Remote-Desktops: Da sich die Welt hin zu Cloud-basierten Diensten bewegt, wird erwartet, dass Linux DEs eine nahtlose Integration mit Cloud-Speicher und -Anwendungen sowie verbesserte Funktionen für den Remote-Desktop-Zugriff bieten.

Innovationen in Linux-Desktop-Umgebungen

  • Modulare und leichtgewichtige Designs: Es gibt einen wachsenden Trend zu modularen DEs, die umfassend an verschiedene Bedürfnisse und Hardware-Funktionen angepasst werden können, was besonders für IoT-Geräte und Computer mit geringen Ressourcen wichtig ist.

  • Barrierefreie Funktionen: Künftige DEs werden wahrscheinlich einen grösseren Schwerpunkt auf Barrierefreiheit legen und fortschrittliche Funktionen zur Unterstützung von Benutzern mit Einschränkungen enthalten, wodurch Linux integrativer wird.

  • Energie-Effizienz: Angesichts der zunehmenden Verwendung tragbarer Geräte konzentrieren sich DEs auf energieeffiziente Designs, um die Batterielebensdauer zu verlängern und die Umweltbelastung zu verringern.

  • Plattformübergreifende Kompatibilität: Es werden Anstrengungen unternommen, um die Kompatibilität mit Windows- und MacOS-Anwendungen zu verbessern, wodurch die Akzeptanz von Linux in professionellen Umgebungen erhöht werden könnte.

Herausforderungen und Überlegungen für die Zukunft

Innovation ist zwar aufregend, aber sie bringt auch eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Die Aufrechterhaltung der Systemstabilität bei gleichzeitiger Integration neuer Funktionen ist entscheidend. Die Sicherheit ist ein weiterer kritischer Bereich, insbesondere bei der Integration von Cloud-Diensten und KI. Ferner steht die Linux-Gemeinschaft vor der ständigen Herausforderung, die Akzeptanz von Linux DE bei Gelegenheitsnutzern zu erhöhen, die oft an die Schnittstellen von Mainstream-Betriebssystemen gewöhnt sind.

Die Entwicklung des Silverblue-Projekts von Fedora, das den Linux-Desktop im Hinblick auf Unveränderlichkeit und Containerisierung neu konzipiert, gibt Aufschluss darüber, wohin sich Linux DEs entwickeln. Es kann eine Verlagerung hin zu mehr KI-gesteuerten, Cloud-integrierten und benutzerzentrierten Designs im nächsten Jahrzehnt erwartet werden.

Fazit

Die Landschaft der Linux-Desktop-Umgebungen steht an der Schwelle zu bedeutenden Veränderungen. Die erwähnten Innovationen und Trends versprechen nicht nur eine Verbesserung des Benutzererlebnisses, sondern könnten auch die Computerlandschaft im Allgemeinen neu gestalten. Eine Weiterentwicklung dieser Umgebungen hat das Potenzial, Linux für ein breiteres Publikum zugänglicher, effizienter und attraktiver zu machen.

Tags

Desktop, Desktop-Umgebungen, Zukunft

Kairoshi
Geschrieben von Kairoshi am 24. November 2023 um 20:14

Möglicherweise wird ja auch "UMGEKEHRT" ein Schuh daraus:

Selber verwende ich begeistert LXDE und -in einem Fall- LXQt (bei LXQt gefallen mir Dinge gut, andere wenige nicht so).

Es gibt generell einige "Kleinigkeiten", die man sich erst mühsam selber erschliessen muss, was so nicht wirklich sein MÜSSTE. Auch optisch macht LXDE im Auslieferungszustand nicht sonderlich viel her.

Als -rein willkürlich(!)- gewählte Beispiel(e):

  1. Strg+Leer muss man sich selber für einen "Run" Befehl hin konfigurieren.

  2. Die plank Leiste ebenfalls (natürlich gibt es VIELE andere gute Leisten, und essenziell sind nur wenige). Auch habe ich recht lange gebraucht, um das -zusätzlich- erforderliche Paket zur transparenten Darstellung zu finden.

  3. Das einzig "echte" Manko könnte die "Suchfunktion" sein. Das im pcmanfm eingebaute 'catfish' ist nämlich auf meinem alten Netbook ...naja.. "lahmarschig wie Sau" (und über ca. FÜNF Tabs verteilt!), während ich im Terminal "in Nullkommanichts" völlig problemlos geeignete Suchergebisse erhalte ... mit Fuzzysuche über... (Dateien sind indexiert, deshalb so schnell) ... locate -i "$fuzzysuche"| fzf --multi --select-1 --exit-0 ...

Kairoshi
Geschrieben von Kairoshi am 24. November 2023 um 20:17

...cool wäre z.B. wenn man auf -sagen wir mal- dem virtuellen Bildschirm Nr. 3 wahlweise eine "Tiling" Darstellung hätte. Schon mit openbox selbst kann man sich ja -ansatzweise und rudimentär- sowas basteln.

Uwe
Geschrieben von Uwe am 25. November 2023 um 05:12

....Unterstützung von Touchscreens und Gesten: Mit der zunehmenden Verbreitung berührungsempfindlicher Geräte werden Linux-Desktops so weiterentwickelt, dass sie Gestensteuerung und Touchscreen-Eingaben unterstützen, was sie in verschiedenen Hardwarekonfigurationen vielseitiger macht...

Na dann kann LCARS (Bibliothekscomputerterminal) für Linux entlich kommen. :-)

Mediaportal LCARS https://www.team-mediaportal.de/erweiterungen/16-9-widescreen/lcars

...Cloud-Integration und Remote-Desktops: Da sich die Welt hin zu Cloud-basierten Diensten bewegt, wird erwartet, dass Linux DEs eine nahtlose Integration mit Cloud-Speicher und -Anwendungen sowie verbesserte Funktionen für den Remote-Desktop-Zugriff bieten.

Nein Danke, ohne mich!

Micha
Geschrieben von Micha am 25. November 2023 um 08:57

egal welcher Desktop. Was wirklich überdacht werden muss ist die Vorauswahl der Zwangsinstallation. Da wird bei allen Distris und DEs weit über das Ziel hinausgeschossen.

Conrad
Geschrieben von Conrad am 27. November 2023 um 08:54

"Zwangsinstallationen" wie bei Android (wo man z.B. die Facebook App nicht löschen kann) gibt es bei Linux nicht. Es kommen immer Programme mit, die nicht alle brauchen - aber wenn man die weglassen würde, gäbe es zurecht Beschwerten, daß der Desktop so wenig Funktionalität hätte.

kamome
Geschrieben von kamome am 25. November 2023 um 09:10

Ich erwarte mehr Konsolidierung – da nicht alle (rechtzeitig) auf Wayland umgeschwenkt sind, trennt sich für mich hier die Spreu vom Weizen.

> Computererfahrung

> Benutzererfahrungen

Tut mir immer weh …

> Desktop-Erlebnis

> Benutzererlebnisses

Danke, geht doch ;)

gosia
Geschrieben von gosia am 25. November 2023 um 15:03

Dass ich keine grafische Elemente und Animationen mag, die das Desktop-Erlebnis visuell ansprechend gestalten sollten (warum erinnert mich das an die üblichen Reklamesprüche), verbuche ich noch unter "persönliche Vorlieben" oder Abneigungen, jeder wie er möchte. Aber spätestens bei der Vorstellung, dass mir eine KI Vorschläge zu meinen Arbeitsabläufen macht, erfasst mich tiefes Unbehagen. Muss auch hier an die Versprechungen denken, dass ich nur dann ein besseres an meine Bedürfnisse angepasstes Surferlebnis habe, wenn ich all die Cookies zulasse. Auch "Kompatibilität mit Windows-Anwendungen", was immer das genau bedeuten soll, nein Danke, das wäre nicht mehr mein Linux.

Conrad
Geschrieben von Conrad am 27. November 2023 um 09:02

Leider landen immer noch viele noch gut einsetzbare Rechner als Elektronikschrott in Afrika und werden durch Neugeräte ersetzt, nur weil der Windows-Support abgelaufen ist und die neue Version höhere Anforderungen hat. Ein starkes Argument eigentlich für alle Fraktionen, Freie Software in der Verwaltung einzusetzen.

Barrierefreiheit ist aber immer wieder ein Thema, wenn es um den Einsatz einer Software im öffentlichen Dienst oder großen Unternehmen geht. Da müssen Zertifizierungen bestanden werden. Ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt. Problem ist aber, daß sehr viele Verwaltungen für einfache Aufgaben gern OpenSource Desktops einsetzen würden, sich das aber wegen der fehlenden Zertifizierungen nicht trauen bzw. die Microsoft Fraktion ein Argument in der Tasche hat.

Sven
Geschrieben von Sven am 19. Dezember 2023 um 16:48

Der ganze Desktop Animations SchnickSchnack kann mir mal gestohlen bleiben. Behindert nur und nervt. Bei der KI sehe ich das noch extremer. Ich habe keine Lust das mich dauerhaft so eine KI nervt und mir erzählt was ich besser machen könnte oder soll. Wirklich so was von keinem Interesse an so etwas. Ich denke das das eine ganze Menge Nutzer ähnlich sehen. Wichtiger wäre es für Linux Desktops die Integration und Steuerung bestimmter Hardware Komponenten (z.B. VR) zu verbessern und zu vereinfachen.