Zum Wochenende: Handwerk hat goldenen Boden

  Ralf Hersel   Lesezeit: 3 Minuten  🗪 1 Kommentar

Einordnung von Berufsgruppen bezüglich ihrer möglichen Abschaffung durch Maschinen.

zum wochenende: handwerk hat goldenen boden

Bist du: Redakteur, Anwältin, Richter, Künstlerin, Musiker, Grafikdesignerin, Staatsanwalt oder Entwicklerin? Oder bist du: Friseurin, Bäcker, Gipserin, Fliesenleger, Maurerin, Metzger, Schreinerin oder Sekretär? Überlege dir deine Antwort gut; insbesondere, wenn du dich gerade für eine Berufsausbildung entscheidest. Ob dein Traumwunsch der richtige für deine Zukunft ist, hängt sehr davon ab, ob es deinen Beruf in Zukunft noch geben wird.

Bildquelle: Stable Diffusion
Prompt: "Gruppe von Handwerker:innen in einer modernen industriellen Umgebung, die ihre Werkzeuge zeigen."

Vermutlich habt ihr das Muster in den beiden Berufslisten schon entdeckt. Die erste Liste enthält solche Berufe, die bisher als erstrebenswert galten und eine höhere Ausbildung (Studium) voraussetzen. Die zweite Liste enthält Berufe, die man gemeinhin dem "goldenen" Handwerk zuordnet. Schaut man auf die aktuelle Entwicklung bei den künstlichen Intelligenzen (aka. Maschinelles Lernen), so sind die vermeintlich „höhergestellten“ Berufe vom Aussterben bedroht. Warum ist das so?

Zur Erklärung hilft ein Blick auf die momentanen Leistungen der KIs, wie DALL-E, VALL-E, Stable Diffusion, CharacterAI und ChatGPT, demnächst in der Version GTP 4. Die Organisation DoNotPay lässt eine KI Angeklagte mit geringem Budget in einfachen Gerichtsfällen (Verkehrsstrafen) vertreten und gewinnt diese eher als menschliche Anwälte. Gestern erreichte uns die Meldung, dass ChatGPT an der Universität von Minnesota die Jura-Prüfung bestanden hat. Kunstgalerien und Stock-Image-Plattformen befinden sich in der rechtlichen Abklärung, ob Beitragende zum Trainingsmaterial vergütet werden sollen, oder ob Künstler:innen ihr Urheberrecht bezüglich der Verwendung ihrer Werke in KI-Modellen geltend machen können.

Die nächste Popcorn-Show wird sich im Musikgeschäft abspielen. Obwohl man bisher noch nicht viel aus dieser Branche gehört hat, gehe ich davon aus, dass in Kürze KI-Modelle auftauchen werden, die Musikstücke nach eigenem Gusto erzeugen können. Hier ein fiktives Beispiel für einen Prompt:

"Erzeuge einen Song, in dem die Instrumente Schlagzeug, Bass-Gitarre, Lead-Gitarre (gerne Les Paul), Piccolo-Flöte und Tamburin vorkommen. Das Musikstück soll dem Stil der irischen Band 'The Corrs' entsprechen. Beim Text soll es um eine Liebschaft gehen, die aufgrund unterschiedlicher sozialer Stände zerbricht. Die Melodie soll romantisch sein, am Anfang aufbrausen und im weiteren Verlauf ins Melancholische abkippen."

Warum ist die zweite Berufsgruppe weniger gefährdet? Während der Automatisierung und Rationalisierung der letzten Jahrzehnte, standen solche Berufe unter Beschuss, deren verrichtungsorientierter Charakter durch Automaten oder disruptive Alternativen ersetzt werden konnten. Beispiele dafür sind: Bankangestellte, Postbedienstete, Versicherungsmakler, Lageristen und Kassierer:innen. Diese Phase ist weitgehend abgeschlossen.

Im Unterschied dazu zeichnen sich die Handwerksberufe durch folgende Merkmale aus:

  • Praktische Ausbildung und Erfahrung
  • Mobile Einsatzorte
  • Kombination aus geistigen und manuellen Tätigkeiten
  • Unstrukturierter Arbeitsplatz
  • Wenige repetitive Tätigkeiten (jede Baustelle ist anders)
  • Notwendigkeit zur Improvisation

Die Heterogenität dieser Merkmale machen es schwer, diese Tätigkeiten zu automatisieren und zu rationalisieren. Die intellektuelle Leistung ist nur ein Bestandteil von vielen, weshalb eine KI hier nur einen sehr geringen Beitrag liefern könnte. Deshalb glaube ich, dass handwerkliche Berufe als letzte von Robotern oder künstlichen Intelligenzen übernommen werden. Handwerk hat goldenen Boden!

In unserer nächsten Podcast-Folge, die am kommenden Mittwoch erscheinen wird, sprechen wir auch über dieses Thema.

Tags

Berufe, Künstliche Intelligenz, Roboter, Handwerk

joerg
Geschrieben von joerg am 27. Januar 2023 um 20:44

oh, ich bin gespannt auf den Podcast!