Zum Wochenende: Wenn Menschlichkeit die Qualität bestimmt

  Ralf Hersel   Lesezeit: 5 Minuten  🗪 6 Kommentare

Es ist wichtig, die Hoheit über die Inhalte zu bewahren. Der wirtschaftliche Optimierungsdruck ist in der Freien Gesellschaft nicht willkommen.

zum wochenende: wenn menschlichkeit die qualität bestimmt

Hinweis: das ist ein Meinungsartikel.

Ihr habt es vermutlich gelesen: "Die BILD-Zeitung hat eine umfassende „wirtschaftliche Optimierung“ angekündigt, in deren Rahmen die Redaktion teilweise durch eine Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt wird." Die Zahl der zu Entlassenden soll in 3-stelliger Höhe liegen. Genauso, wie in den 80ern niemand am Dienstag Dallas im TV gesehen hat, hat auch niemand jemals die Bild-Zeitung gelesen; hoffentlich.

Da die klassischen Zeitungen seit Jahren um ihr Überleben kämpfen, wundert es niemanden, dass deren Aufwand für den Print- und Internet-Auftritt maximal Kosten-optimiert werden muss. Ich wette darauf, dass alle Medien in nächster Zeit Redakteure, Grafiker, Journalisten, Werber und andere Berufsbilder im Presse-Bereich durch KI ersetzen werden, bzw. den Leistungsbalken höher legen werden. In einer ersten Welle wird der Anspruch an die Job-Inhaber steigen.

Nicht die KI gefährdet deinen Job, sondern deine Kollegen, die KI-optimiert arbeitet.

Bei GNU/Linux.ch ist das zum Glück anders. Wir sind spendenfinanziert und ein Portal mit und für die Community. Unsere Community besteht aus allen Personen der Zivilgesellschaft, die sich für die Themen Freie Software und Freie Gesellschaft interessieren und die uns entdeckt haben. Ja, wir haben auch Sponsoren, die mit ihren Beiträgen unseren Betrieb sichern. Das sind zurzeit die Firmen Intevation und Nitrokey, deren Produkte und Dienstleistungen im Einklang mit der Idee von GNU/Linux.ch stehen.

Aufgrund eurer Spenden und den Sponsoren können wir die Community unabhängig vom Markt repräsentieren. Bei uns können alle Interessierten mitschreiben, ohne unter einem Marktdruck zu stehen. Wir sind werbefrei und trackerfrei. Das setzt eine Bereitschaft voraus, sich für eine freie Berichterstattung einzusetzen, worauf ich ein paar Absätze tiefer, noch eingehen werde.

Zurück zur "Künstlichen Intelligenz". Setzt GNU/Linux.ch KI ein? Die direkte Antwort lautet: Nein. Die indirekte Antwort ist differenzierter:

  • Bei uns schreibt die Community. Wir wissen nicht, welche Werkzeuge die Autoren einsetzen.
  • Für die Redaktion gibt es einen LanguageTool-Account, um die Rechtschreibung zu korrigieren.
  • Für Übersetzungen verwenden einige Autoren den Service von Deepl.
  • Unser Podcast wird vollständig ohne KI oder externe Dienste erstellt.

Für mich selbst kann ich sagen, dass meine Beiträge ohne zusätzliche Hilfsmittel (ausser den oben genannten) entstehen. Ich würde mich schämen, einen Artikel von ChatGPT erzeugen zu lassen. Dann kann ich es gleich bleiben lassen, weil ich es nicht mehr bin.

Ich meine, dass in Zukunft die Qualität von der Menschlichkeit bestimmt sein wird. Beiträge im Internet lassen sich an Fehlern, an der Unvollkommenheit, am Witz der Schreiber:innen messen. Zwar ist die KI ein Meister im überzeugenden Lügen und beim Halluzinieren über Sachverhalte, aber die menschliche Diversität von Texten, erreicht sie noch nicht.

GNU/Linux.ch ist ein Community-Projekt, das von Menschen lebt. Jeder Artikel, der bei uns eingereicht, oder direkt im Redaktionswerkzeug Bludit geschrieben wird, ist ein Unikat. Jeder Beitrag enthält menschliche Fehler und den Geruch des Lebens. Ich schreibe ca. 500 Artikel pro Jahr für GNU/Linux.ch. Dabei werde ich von meinem Wissensdrang, vom Vermittlungswillen und dem Entdecken von neuen Möglichkeiten angetrieben. Es bereitet mir viel Freude, meine Erkenntnisse und Entdeckungen einer breiten Öffentlichkeit mitzuteilen. Und es befriedigt mich, wenn ich kritische und positive Rückmeldungen erhalte.

In diesem Projekt versuchen wir seit 3 Jahren, die Community vom Konzept "die Community schreibt und spricht für die Community" zu überzeugen. Das ist uns teilweise gelungen. Während der Jahre haben 135 Autoren bei uns mitgeschrieben. Trotzdem hält sich die aktuelle Anzahl von Schreibwilligen in Grenzen. Wir würden uns freuen, wenn mehr Autoren in die Redaktion kommen oder Gastartikel einreichen. Je mehr Menschen sich am Inhalt von GNU/Linux.ch beteiligen, desto bunter und interessanter werden die Inhalte. Von einer KI geschriebene Artikel, wird es hier nicht geben.

Quellen:

Bild-Zeitung: https://www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/technik/bild-zeitung-ersetzt-redakteure-durch-kuenstliche-intelligenz-13377679

Bildquelle: https://static.tildacdn.com/tild6238-6661-4139-b231-316537663139/NoPath_-_Copy_22.png

Tags

Medien, Presse, unabhängig, KI, Menschlichkeit, Mitarbeit

carrabelloy
Geschrieben von carrabelloy am 23. Juni 2023 um 18:25

Ich gebe dir recht und muss sagen, dass ich dazu schon einen Artikel geschrieben habe. Ich liebe zum einen das Schreiben und das, was mir im Kopf an verschiedenen Themen herumgeistert, zu Papier oder digital zu veröffentlichen. Doch wenn wir mal, dazu etwas tiefer in den Gedanken zurückgehen, müssen wir uns selbst reflektiert fragen, sind wir das nicht selber schuld? Nicht jeder Evolution ist eine Bereicherung für die Gesellschaft, sondern oft das Gegenteil. Dass, es sogar Revolutionen verursacht hat. Das zeigt sich heute mehr denn je. Hinzu kommt die getriebene Marktwirtschaft und die Zerstörung von Kulturen und Gesellschaften. Zum großen Teil durch die Marktwirtschaft. Und durch politische Stimmen. Das sich heute immer deutlicher zeigt durch den Fachkräfte mangel. Was früher doch immer geheißen hat, du bist nicht, wenn du nicht den Batchler in der Tasche hast. Was du bis heute gesellschaftlich immer mehr zu sehen bekommst. Ich persönlich war ein Mensch, der konnte nicht studieren, zumal dass wir damals eine große Familie, waren. Und mich Schule nie so begeistert hat wie im Dorf der Bagger, der anfing zu graben, um eine Rohrleitung zu verlegen. Oder dass ich wissen wollte, wie geht, eigentlich das Tonband gerät meines Vaters? Oder der Rasierapparat. Ich habe diese Teile zerlegt und habe sie nie wiederzukommen gebaut bekommen, was mir sehr viel ärger eingebracht hatte.
Das Ganze hat sich über die Jahre in vielen Bereichen weiter verfestigt. Heute muss ich sagen, dass ich froh bin, dass ich mich so entwickelt habe. Da ich mir in vielen Bereichen selbst helfen kann, ohne jemand fragen zu müssen! Doch dieser Weg war nicht unbeschwert und ich musste und muss heute noch über mein eigenes Denken mit vielen Kritiken leben. Doch auch die prallen mittlerweile an mir ab.
Gleichzeitig hat mich das Ganze in vielen Punkten geprägt. Bis heute gehe ich nicht davon weg. Aus meinem Bekanntenkreis, der über die Jahre auch kleiner geworden ist, sagt mal jemand, dass ich ein großes Kind wäre. Ich denke die Person, die das gesagt hat, hat bestimmt nicht ganz unrecht. Was ich hier in deinem Artikel kritisiere ist, dass du es wieder zu einseitig siehst und dich selbst nicht genug darin reflektierst. Zum einen ist LanguageTool selbst eine kleine KI. Auch wenn man das nicht gerne wahrhaben will. Sie berichtet deine Texte und stellt dir Angebote zur Verfügung, deinen Text anders umzuschreiben. Daher ist das auch eine kleine KI. Ich nutze dieses Tool wie du genauso. Zum einen wegen meiner grammatischen Schwierigkeiten, da ich denselben Unfall hatte wie Michael Schumacher. Bei mir war es einen Tag später mit dem Fahrrad. Und mir es dabei hilft, die Texte im Kontext nach meinem Empfinden richtig zusammengesetzt weiterhin zu halten. Was man bei einer Chatgpt nicht sagen kann. Doch habe ich einen eigenen Kopf und der ist zum Teil auch ein Dickkopf. Ich sage heute so, wer das nicht lesen möchte, kann gerne wie Peter Lustig von der Sendung mit der Maus. Ihr habt einen Knopf zum Abschalten. Das sehe ich hier genauso. Jeder Browser hat ein x um die Seite zu schließen. Für mich ist die gelebte Freiheit, mich selbst an der Tastatur zu verwirklichen. Auch wenn einigen meine Worte nicht passen. Und gerne das Korrektiv das verhindern würde, wenn Sie es könnten. Da ich auch in meinen Texten provokant bin und gerne mal austeile. Besonders im Bereich Politik und Lobbyisten. Und hier sind wir wieder bei dem eigentlichen Punkt, warum so viele Menschen keine Demokratie mehr sehen. Oder sich in Ihr benachteiligt sehen. Wir sind zu Elitäre, zu abgehoben worden. Hinzu die Marktwirtschaft, die nicht besser ist. Schaue dir die Verlage mal an. Wann hat dich mal ein Journalist besucht oder hat sich mit dir ausgetauscht und dabei andere Sichtweisen gesehen als Ihre eigenen! Ich kenne keinen. Zudem bekommen Sie alle den Hals nicht voll. Preise, immer höher, immer teuer. Wen wundert es also, dass die jetzige Presse, Medienhäuser, öffentliche rechtliche Medien selbst damit Ihren Untergang selbst vorangetrieben und somit besiegelt haben. Doch Sie beabsichtigen, das sich selbst nicht einzugestehen. Immer ist es andere Schuld. Es ist ja so einfach, den Sündenbock bei anderen zu sehen. Damit wird auch die Bild ihren Untergang besiegelt haben, auch wenn ich Sie gelegentlich gelesen habe, um etwas informiert zu sein. Da kann Döpfner noch so viel kaufen und alle Medien mehr auf Globalisierung setzen. Doch letztlich fressen Sie sich alle durch Ihre Gier selbst auf. Ob mit KI oder ohne. Daher sehe ich das positiv. Denn dadurch kommen kleine Stimmen endlich zum Vorschein. Denn wer die anderen Zeitungen Medien liest, bekommt meistens dasselbe Vorgesetzt. Und eines Tages wird es langweilig. Daher lehne ich es ab, alles von den Medienhäusern selektiert zu bekommen. Das nichts anderes ist wie die Bubble. Ob es die Internet-Bubble ist oder sonstiges. Ich selbst auch nicht gerne Bücher, lese komplett von Anfang bis Ende. Sondern sie immer quer lese. Daher ist es Tool, selbst im Netz zu recherchieren und welche Artikel zu finden und zu lesen, um seine eigenen Meinungen dazu kund zu tun. Was doch den Reiz und den Spaß gerade erst Spaß macht. Und das ohne mit etwas Unbekanntes an Werbung Trackern vorgesetzt und vollgestopft zu werden. Es lebe das Netz und die Freiheit selbst reflektiert dich zu ergründen und neues dabei zu entdecken. Daher wünsche ich dir weiterhin bei deinem Artikel gutes Gelingen, mit deinen Fantasien aus deinem Kopf neue Texte zu bilden.

https://carrabelloy.darknight-coffee.org/blog/2023/05/28/warum-ich-eine-gefahr-sehe-durch-ueberregulierungen/

Ralf Hersel
Geschrieben von Ralf Hersel am 23. Juni 2023 um 19:42

Danke für Deinen Kommentar. Das ist vermutlich der Längste, den wir je erhalten haben :) Ich stimme Dir in weiten Teilen zu, nicht jedoch beim LanguageTool. Dieses habe ich im Artikel als Ausnahme erwähnt. Ausserdem verwende ich das Tool nicht für die Umformulierung, sondern nur für die Rechtschreibkorrektur.

Bärchen
Geschrieben von Bärchen am 23. Juni 2023 um 23:40

Erster Gedanke war: schöner Aprilscherz. Dann habe ich festgestellt das ich keine Tardis für eine Zeitreise habe und es nicht April ist. Der nächste Gedanke war, ja ich habe eine Bild Zeitung Lese Vergangenheit, eh dann kann man ja der Bild Zeitung wieder eine Chance geben. Schlechter kann es ja nicht werden. Okay. Oder? Jede Technology wird die Arbeit mehr oder weniger verändern. Wir werden lernen müssen sinnvoll damit umzugehen. Wir haben die Büchse der Pandora geöffnet. Hoffe immer das wir die neuen Möglichkeiten sinnvoll nutzen. Wie die Geschichte zeigt schaffen wir das nicht immer. Mich begeistert auf der einen Seite die Technik die es heute gibt und nutze die auch gerne. Meine andere Seite ist konträr dazu. Ich lese gerne Tageszeitung (keine Bild) morgens in Papierformart, begeistere mich für Bücher. Schreibe mit Füller. Das ist für mich von Hand gemacht. Mit kleinen Fehlern, halt menschlich. Nicht Clean und Steril. Vielleicht treibt mich meine Begeisterung für das schreiben auch mal zu mehr als zu Kommentare schreiben.

Martin
Geschrieben von Martin am 24. Juni 2023 um 00:46

Und irgendwann können wir keine vernünftigen Sätze mehr formulieren und lassen nur noch unsere implantierte KI reden. Wir verblöden immer mehr. Unsere Hirne werden in Zukunft schrumpfen aber dafür werden unsere Bäuche immer dicker, weil alles unsere Roboter machen werden. Wir liegen dann nur noch in einem funktionalen Mehrzweck Bett und lassen uns von den Robotern füttern. Schöne Ausrichten.

Helge
Geschrieben von Helge am 24. Juni 2023 um 01:08

"Zwar ist die KI ein Meister im überzeugenden Lügen und beim Halluzinieren über Sachverhalte, aber die menschliche Diversität von Texten, erreicht sie noch nicht."

Ich würde mir zwar wünschen, dass du damit recht hast, zweifle es jedoch leider an. Ich fürchte, dass min. 2/3 der Menschen (vermutlich eher mehr), denen du zwei Texte zu einem Thema vorlegen würdest - einer von einer KI verfasst, einer von einem Menschen - die Autorenschaft nicht unterscheiden / zuordnen könnten.

Eirik
Geschrieben von Eirik am 24. Juni 2023 um 20:22

Ich bin dringlichst für eine Kennzeichnungspflicht für KI-unterstützte oder -generierte Beiträge. Ähnlich wie ein guter Beitrag mit Quellenangaben abgeschlossen werden sollte, sollte am Ende (oder schon unter der Überschrift) erwähnt werden, welche KI-untersützten Hilfsmittel, die direkten Einfluss auf den Text genommen haben, Verwendung fanden. Selbst teilweise eingefügte Übersetzungen mit DeepL o.ä. sollte man kennzeichnen, damit der Leser es einordnen und überhaupt erst Medienkompetenz entwickel kann. Ich las z.B. mal einen Artikel darüber, wie DeepL durch falsche Wortübersetzungen ganze Inhalte verdreht, sich der gesamte Text jedoch immer noch logisch anhört. Da das meiner Einschätzung nach nicht freiwillig geschehen wird, sollte der Gesetzgeber diese Entwicklung schnell aufgreifen und nicht nur für digitale Veröffentlichungen in der Richtung etwas beschließen. Für den mündigen Bürger.