Zum Wochenende: Mobifree

  Ralf Hersel   Lesezeit: 6 Minuten  🗪 2 Kommentare Auf Mastodon ansehen

Das EU-finanzierte Projekt möchte die Souveränität eines europäischen Ökosystems für mobile Apps stärken.

zum wochenende: mobifree

Die Entwicklung mobiler Software wurde in den letzten 20 Jahren von grossen Technologieunternehmen dominiert, die ein IT-Ökosystem geschaffen haben, das durch Closed-Source-Software, proprietäre Standards, private Datenquellen, das Sammeln von Nutzerdaten, Verletzungen der Privatsphäre, schlechte Arbeitsbedingungen und umweltschädliche Produktionspraktiken gekennzeichnet ist.

Im Rahmen des Mobifree Projekts arbeiten zwölf Organisationen zusammen, um bessere mobile Software auf bessere Weise zu entwickeln. Bei den beteiligten Organisationen handelt es sich unter anderem um:

Die teilnehmenden Organisationen bekennen sich zu diesen Werten:

  • Respekt vor digitalen Rechten
  • Hoher Qualität
  • Fairem Wettbewerb
  • Ermächtigung der Arbeitnehmenden
  • Inklusion
  • Offenen Code, Daten und Standards
  • Einer starken Industrie
  • Nachhaltigkeit

Das Mobifree-Projekt wurde von der E-Foundation initiiert und wird von ihr koordiniert, einer europäischen Non-Profit-Organisation, die Open-Source-Software für mobile Geräte entwickelt. Das Projekt wird durch Next Generation Internet (NGI) der Europäischen Kommission finanziert. Zu den Zielen von Mobifree schreibt die Europäische Kommission:

Der Hintergrund für die Entwicklung des MOBIFREE-Projekts ist das derzeitige Mainstream-Ökosystem für mobile Software. Dieses Ökosystem wird von einer kleinen Anzahl amerikanischer Technologien beherrscht, die dafür bekannt sind, große Mengen an Nutzerdaten zu sammeln. Sie sind nicht quelloffen und verwenden proprietäre Daten und Standards, was zu einer „Einschließung“ der Nutzer und einer Monopolisierung der Märkte führt. Organisationen in Europa arbeiten daran, dies zu ändern und ein faires mobiles Software-Ökosystem zu schaffen, das sich für den Datenschutz und die Offenheit einsetzt, Open-Source-Prinzipien anwendet und offene Daten und Standards verwendet und so zur digitalen Souveränität der Europäer beiträgt. In MOBIFREE bringen wir Europas führende Organisationen in diesem Bereich zusammen, um Technologien für das Internet der nächsten Generation (NGI) weiterzuentwickeln, um dies zu realisieren.

Auch das F-Droid Projekt hat sich zu Mobifree geäussert. Hier ist der wesentliche Ausschnitt:

F-Droid wird bei diesem Projekt eine wichtige Rolle spielen. Es soll ein dezentrales Vertriebssystem für Entwickler schaffen, um Apps für Android-Nutzer bereitzustellen. Dies wird zu einer Öffnung des App-Marktes für Android führen und den ehrlichen Wettbewerb bei der App-Entwicklung verbessern. Ein grundlegendes Prinzip ist die Kontrolle der Privatsphäre der Nutzer, ohne jemanden von der Teilnahme auszuschließen. Das App-Vertriebssystem wird sich auf eine 3-Parteien-Interaktion zwischen App-Entwicklern, App-Stores und App-Nutzern konzentrieren, wobei jede Partei an allen Punkten der Interaktion die freie Wahl hat. Das System wird keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Benutzerkonten haben, für die man sich anmelden muss. Die Entwickler können ihre eigenen Apps über ihre eigenen Repositories veröffentlichen. Jeder App-Store kann diese Repositories nutzen, um den Nutzern eine Methode zur Installation dieser Apps anzubieten. Und wenn die App quelloffen ist, kann sie in das Haupt-Repository von F-Droid.org aufgenommen werden, wo sie nach dem bewährten ethischen Prüfverfahren von F-Droid geprüft wird. Die Nutzer erhalten eine echte Wahlmöglichkeit in Bezug auf ihre Apps und App-Store-Einstellungen, zusätzliche Datenschutzleitplanken und mehr Transparenz darüber, was mit ihren Daten geschieht.

Den Projektfortschritt könnt ihr in diesem GitLab-Repository verfolgen. Die Unterstützung durch die EU läuft vom 1. Dezember 2023 bis zum 30. November 2026 und ist mit Totalkosten von 5 Mio. Euro angesetzt, von denen die EU 4.4 Mio. Euro beisteuern wird.

Einordnung

Die Bestrebungen der EU-Kommission für ein digital unabhängigeres Europa sind zu begrüssen. In letzter Zeit hat sich in diesem Bereich einiges getan, insbesondere im Bereich der Gesetzgebung:

Bemerkenswert sind auch nationale Initiativen wie der Sovereign Tech Fund oder der Prototype Fund. Hinzu kommen viele NGO-Projekte, Organisation und Firmen, die diese Ideen unterstützen und vorantreiben. Schaut man sich die investierten Beträge an, erscheinen die Projekte weniger überzeugend. Ich weiss nicht, wie viel die Weltmarktführer China und die USA in ähnliche Projekte investieren (vermutlich wenig), doch sie investieren drei Zehnerpotenzen (10⁹ versus 10⁶) mehr in Technologien, denen Europa mit Souveränitätsbestrebungen hinterherläuft.

Textquellen: stehen alle im Text
Bildquelle: https://mobifree.org/

Tags

EU, Mobile Apps, Smartphone, F-Droid, Murena, Souveränität

HeldeChris
Geschrieben von HeldeChris am 1. Juni 2024 um 07:43

Sehr schön man nimmt finanziert ein xtes Android ROM anstelle einer echten europäischen Alternative namens Sailfish OS.

Harry
Geschrieben von Harry am 3. Juni 2024 um 11:43

Gute Idee. Gestern hatte ich an Jolla die Frage gestellt, aus welchem Grund mein SaillfishOS Smartphone ständig nach Hause telefoniert. Antwort steht noch aus. Bis dahin ist aus meiner Sicht der Gesamteindruck getrübt. Ich wünsche allen eine gute Woche. Harry