Solus verabschiedet sich von GTK

  Ralf Hersel   Lesezeit: 4 Minuten  🗪 4 Kommentare

Ikey Dohertys Erfindung bleibt ihren Wurzeln treu. Eigenständig, anders, störrisch.

solus verabschiedet sich von gtk

Die Distribution Solus war schon immer ein Sonderfall. Vielleicht erinnert ihr euch an die endlosen Diskussionen um Ikey Doherty. Solus ist eine Linux-Distribution, die von Grund auf neu entwickelt wurde. Sie verwendet eine geforkete Version des PiSi-Paketmanagers, der innerhalb von Solus als "eopkg" genannt wird, und eine eigene, selbst entwickelte Desktop-Umgebung namens "Budgie" bereitstellt. Der Budgie-Desktop, der so eingestellt werden kann, dass er das Aussehen des GNOME-2-Desktops emuliert, ist eng mit dem GNOME-Stack integriert. Ihr erkennt den Sonderfall: eigene Distro, eigener Desktop!

Nun kündigt Joshua Strobl (Hauptentwickler im Solus-Team) ein "alternatives Ecosystem" an. Das sind grosse Worte aus dem Team einer exaltierten GNU/Linux-Distribution. Im Kern handelt es sich bei der Neuausrichtung um eine Abrechnung mit der GNOME-Philosophie, den GNOME-Entwicklern und den Umgangsformen im GNOME-Projekt. Eine Abrechnung, die zum Solus-Projekt passt. Hier seht ihr die Zusammenfassung der Gründe, um sich von GTK abzuwenden und stattdessen die Enlightment Library (EFL) zu bevorzugen.

Joshua fasst es so zusammen:

  • GTK4 hat seit seiner Veröffentlichung im Dezember 2020 weder unsere Erwartungen erfüllt, noch sind wir mit seinem Zustand zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags zufrieden.
  • Die aktuellen Pläne von GNOME für Änderungen an der Art und Weise, wie das Theming funktioniert, betrachten wir als Rückschritt für Desktop-Linux, Entwickler und Benutzerauswahl.
  • Wir glauben nicht, dass GNOME seine Gemeinschaft, von einzelnen Nutzern bis hin zu ganzen Betriebssystemen, in einer Weise behandelt, die gerecht ist und ihre Wahl respektiert, wie sie ihre eigene Erfahrung gestalten wollen.
  • Budgie 11 wird nicht in GTK4 geschrieben werden.
  • Für die Budgie-Edition: Wir werden daran arbeiten, von GNOME entwickelte Software durch die von alternativen Softwareentwicklern sowie durch "hauseigene" Lösungen zu ersetzen. Diese werden nicht notwendigerweise unter der GetSolus-Organisation stehen und auch nicht mit Budgie in Verbindung gebracht werden. Um Budgie in Zukunft einzusetzen (zumindest bis 11, wenn wir unser eigenes Kontrollzentrum haben), ist es nicht erforderlich und wird es auch nicht sein, unsere eigenen Anwendungen zu verwenden. Dies gilt sogar für Budgie Desktop View, wir unterstützen Alternativen wie Desktop Folder als alternative "Desktop"-Implementierungen in Budgie.
  • Die GNOME-Edition wird in einer zukünftigen Version von Solus zu einer nicht-kuratierten Edition degradiert und auf unserer Download-Seite in eine untergeordnete Position verschoben.

Das sind starke Worte und konsequente Entscheidungen, die es zu respektieren gilt. Die vollständige Begründung findet ihr in seinem Post "Building an alternative Eco-System". Ob das der richtige Weg ist, wird die Community entscheiden. Vor einigen Jahren war Solus eine geschätzte und beachtete Distribution. Nach den Ikey-Querelen nahm das Interesse schnell ab. Ob das Loslösen von GNOME, bzw. GTK, die Solus-Distro wieder in die Aufmerksamkeit der Anwenderinnen bringen kann, bleibt abzuwarten.

Quelle: https://joshuastrobl.com/2021/09/14/building-an-alternative-ecosystem/

Tags

Solus, GNOME, Budgie, GTK, GTK4, Desktop, Joshua, Ikey

kamome
Geschrieben von kamome am 16. September 2021 um 22:09

Von GTK weg finde ich schon mal gut, aber hat jemand die Entscheidungsfindung verfolgt – weshalb nicht Qt?

Pascal Garber
Geschrieben von Pascal Garber am 17. September 2021 um 00:00

So ganz nachvollziehen kann man die Begründungen nicht. So hat sich Gnome z.B. entschieden die speziell für Gnome benötigten Widgets und das Theming in eine eigene Library "libadwaita" auszulagern, gerade damit Gtk4 unabhängig von Gnome bleibt und nicht zu sehr mit Gnome verzarnt wird.

Somit braucht Solus gar nicht mit den Entscheidungen von Gnome mitgehen und wäre damit auch gar nicht von den Theming-Entscheidungen von Gnome betroffen. Natürlich hat Gnome trotzdem noch den wahrscheinlich größten Einfkt auf Gtk.

Klingt für mich trotzdem eher nach einer Trotzreaktion für die sie jetzt alles umbauen wollen.

Nichts desto trotz wünsche ich ihnen dabei natürlich viel Erfolg und bin gespannt was draus wird. Ich persönlich werde bei Gnome bleiben und bin sehr Happy damit welchen Weg Gnome verfolgt :)

Pascal Garber
Geschrieben von Pascal Garber am 17. September 2021 um 00:01

So ganz nachvollziehen kann man die Begründungen nicht. So hat sich Gnome z.B. entschieden die speziell für Gnome benötigten Widgets und das Theming in eine eigene Library "libadwaita" auszulagern, gerade damit Gtk4 unabhängig von Gnome bleibt und nicht zu sehr mit Gnome verzarnt wird.

Somit braucht Solus gar nicht mit den Entscheidungen von Gnome mitgehen und wäre damit auch gar nicht von den Theming-Entscheidungen von Gnome betroffen. Natürlich hat Gnome trotzdem noch den wahrscheinlich größten Einfkt auf Gtk.

Klingt für mich trotzdem eher nach einer Trotzreaktion für die sie jetzt alles umbauen wollen.

Nichts desto trotz wünsche ich ihnen dabei natürlich viel Erfolg und bin gespannt was draus wird. Ich persönlich werde bei Gnome bleiben und bin sehr Happy damit welchen Weg Gnome verfolgt :)

Stefan Schmid
Geschrieben von Stefan Schmid am 20. September 2021 um 11:48

EFL ist eine interessante Wahl, der ebenfalls darauf aufbauende Enlitghtment hat mir auch immer ziemlich gut gefallen. Nur leider funktionierten bei mir unter Enlightement zu viele Dinge (kein GUI für den NetworkManager, acpid anstelle von upower, etc...) nicht weshalb ich dann halt doch bei KDE Plasma geblieben bin.