In unserer Serie über Musik-Streamer wurden nicht nur solche, sondern auch Anwendungen und Dienste betrachtet, die bei diesem Thema eine Rolle spielen. Wie z. B. Internetradio, das Angebot von öffentlichen Büchereien und Anwendungen, um auf die Streamingdienste zuzugreifen. Auch die Bezahlung der Musikschaffenden und die Qualität der Musik kamen zur Sprache.
Bei der Beurteilung der Musik-Streamer waren diese Kriterien wichtig:
- Welche Firma steckt dahinter?
- Wie sieht das Angebot aus?
- Für welche Plattformen gibt es Anwendungen und wie gut lassen sich diese bedienen?
- Wie werden die Künstler:innen vergütet?
- Die Qualität der Musik und die Auswahl an Titeln
- Welche Anschlussmöglichkeiten gibt es auf Linux-Rechnern?
Zuerst wollte ich eine grosse Entscheidungstabelle mit den Diensten und Kriterien erstellen. Davon sehe ich ab, weil ich die Bewertung aus meiner Perspektive nicht objektiv durchführen kann. Stattdessen äussere ich mich zu den verschiedenen Aspekten und gebe eine persönliche Empfehlung ab.
Firmen
Grundsätzlich vertraue ich denjenigen Firmen mehr, die unter EU-Legislation stehen. Wenn es um den Musikgeschmack geht, ist das kein zu unterschätzender Aspekt. Aus den Hörgewohnheiten (was, wann, wie lange) lassen sich Profile bilden, die von der Werbeindustrie mit Kusshand entgegengenommen werden.
Zum Glück wurden in der EU in den letzten Jahren einige wegweisenden Gesetze verabschiedet, die den Konsumenten einen gewissen Schutz vor den langen Fingern der internationalen Stakeholder bieten. Von den in der Serie betrachteten Firmen, befinden sich Spotify, Deezer, Qobuz und Napster in der EU. Die Musikdienste von Apple, Google und Amazon wurden aus diesem Grund gar nicht für die Serie erwogen.
Angebot
Bei den Preisen unterscheiden sich die Musikstreaming-Dienste nicht wesentlich. In der Regel ist man mit 10 bis 15 Euro pro Monat dabei. Mit einem Jahres-, Studenten- oder Familen-Abo kann man sparen. Auch beim Erscheinungsbild und der Bedienbarkeit ähneln sich die Angebote. Hier hängt es davon ab, was einem wichtig ist, wie z. B.:
- Lyrics mit Karaoke-Funktion (synchroner Lauftext)
- Schneller Zugriff auf die Suche
- Zusatzinformationen zu den Künstlern
- Anzeige der Musikqualität pro Titel
- Musikvideos
- Responsibilität des Players
- Anwendung für den Linux-Desktop
- Aufbereitung des Musikangebots
Algorithmen
Beim letzten Punkt "Aufbereitung des Musikangebots" ist mir aufgefallen, dass dieser Aspekt in den Artikeln zur Serie überhaupt nicht erwähnt wurde. Dabei geht es um die algorithmischen Vorschläge. Grundsätzlich stehe ich dieser Funktion kritisch gegenüber. Spotify setzt sehr auf Algorithmen, um dir Playlisten zusammenzustellen. Diese basieren auf deinem bisherigen Hörverhalten. Welche Stile, Künstler, Jahre gefallen dir und was hören andere, die deinem Profil entsprechen? Qobuz geht einen anderen Weg, indem kuratierte Playlisten erstellt und viele Hintergrundinformationen über Künster:innen angeboten werden. Aus diesen Informationen kannst du dir deine eigene Sammlung zusammenstellen.
Das Problem der Algorithmen ist, dass sie meistens auf Ähnlichkeit setzen. Das schliesst dich in eine Musikblase ein, in der du immer wieder Gleiches präsentiert bekommst. Wer einen fokussierten Musikgeschmack hat, mag das schätzen. Hörer:innen mit einer breiten musikalischen Ausrichtung werden durch Algorithmen eingeschränkt. Doch vielleicht unterschätze ich die Algorithmen, was ich jetzt testen möchte. Hier seht ihr die (immerhin) sechs vorgeschlagenen Playlisten für mich:
Nun ja, die Musikstücke weichen nicht von meinem für Spotify bekannten Musikgeschmack ab. Ich würde mir mehr Out-of-the-Box Vorschläge wünschen. Vielleicht gibt es das, wenn man Spotify über einen längeren Zeitraum mit seinen Hörgewohnheiten füttert.
Doch wie sieht es aus, wenn man nicht durch Algorithmen gesteuert wird? In den alten Zeiten ging man zu seinem Plattenregal oder CD-Ständer im Wohnzimmer und hat mit schief gehaltenem Kopf durch seine Sammlung gescannt. Dann hat man die eine besondere CD in den Schlitten gelegt und sich darauf konzentriert oder sie im Hintergrund gehört. Wer wollte, konnte währenddessen im Booklet der CD blättern.
Beim Radiohörern sieht es etwas anders aus. Du entscheidest dich für einen Sender und vertraust darauf, dass die Musikredakteure deinen Geschmack treffen. Im Gegensatz zur CD endet die Wiedergabe des Radios nicht. Wenn du Pech hast oder es magst, wird die Radiosendung manchmal durch Wortbeiträge unterbrochen. Die Auswahl an Internetradio-Sendern ist heute so gross, dass man sich eine tolle Sammlung zusammenstellen kann. Dann kann man, je nach Laune, das eine oder andere Genre hören.
Der Konsum der eigenen Musiksammlung, Radio und Streaming schliessen sich nicht aus, sondern bereichern den musikalischen Alltag.
Konnektivität
Die meisten Streamer bieten Anwendungen für die gängigen Betriebssysteme und kommerzielle Geräte. Linux-User schauen immer in die Röhre. Keiner der untersuchten Musik-Streamer unterstützt Linux nativ. Selbst wenn es so erscheint, handelt es sich um eine Webseite, die als Electron-App verpackt wurde. Im Bereich der Appliances gibt es ein grosses Angebot, sowohl im Hardware- als auch im Software-Bereich. Es gibt unzählige Anbieter, die das Musikstreaming in ihre Geräte eingebaut haben. Zudem gibt es viele Appliances für den Raspberry Pi und normale Server, wie Volumio, Kodi, moOde und weitere. Solche Angebote habe ich nicht untersucht, weil ich Appliances aus Nachhaltigkeitsgründung grundsätzlich für eine schlechte Idee halte. Warum soll ich einen Server für eine einzige Anwendung opfern?
Die einzige Anwendung, die mich überzeugt hat, ist Raspotify, bzw. die darunter liegende Bibliothek LibreSpot. Hierbei handelt es sich um Freie Software, die mit der Spotify-API kommuniziert.
Vergütung
Hier verweise ich erneut auf den Artikel in der Serie, der dieses Thema beleuchtet. Die kleinen Anbieter bezahlen die Künstler:innen besser als die grossen Player. Dabei ist jedoch der Skaleneffekt zu berücksichtigen. Es kann sein, dass eine Künstlerin bei Spotify mehr mit ihrer Musik verdient als bei Qobuz, obwohl sie dort das Zehnfache für einen gestreamten Song erhält. Unter Berücksichtigung der vielen Parameter, die in die Vergütung der Musikschaffenden einfliessen, erlaube ich mir keine Empfehlung.
Qualität
Dieses Kapitel ich schnell erledigt: Qobuz hui, Spotify pfui?
Keine Sorge, so einfache mache ich es mir nicht. Bei der Musikqualität hängt es von euren Erwartungen und euren Ohren ab. Falls ihr gesteigerten Wert auf hohe Tonqualität legt, egal ob das stimmt oder eingebildet ist, seid ihr bei Qobuz im richtigen Musikportal. Kein anderer Anbieter bietet mehr HiRes-Musik an.
Wer mit hinreichender Qualität zufrieden ist, kann irgendeinen Musik-Streamer nehmen. CD-Qualität liefern alle.
Mein Tipp: Klickt euch ein Probe-Abo bei den verschiedenen Anbietern und macht Hörtests. Vergesst bitte nicht, das Abo innerhalb des Probemonats zu kündigen.
Fazit
Beim Schreiben der 14 Artikel zu dieser Serie konnte ich mir einen guten Überblick über das Angebots im Bereich der Musik-Streamer bilden. Oft bin ich naiv an die Tests herangegangen, manchmal habe ich mich in technischen Details verloren. Die Artikel sind eine Sache, die Kommentare dazu sind eine andere Sache. Ich möchte mich herzlich bei allen bedanken, die zu den Beiträgen kommentiert haben. Erst eure Kommentare machen ein Artikel vollständig.
Es gibt viele Möglichkeiten Musik zu geniessen: die eigene Sammlung, das Angebot der örtlichen Bücherei, Internetradio oder die Musikstreaming-Plattformen. Hier sollte jeder für sich entscheiden, was denn wirklich benötigt wird.
Im Internet findet man ohne Ende Vergleichsartikel zu einem Thema. Den meisten ist gemein, dass sie sich am Ende zu keiner klaren Empfehlung durchringen können. Nicht so bei GNU/Linux.ch. Ich gebe euch zwei glasklare und begründete Empfehlungen:
And the winner is: Qobuz
Qobuz ist die richtige Wahl für alle, die sich wirklich für Musik interessieren. Zwar gibt es dort keine algorithmischen Playlisten, dafür aber von Musikredakteuren kuratiere Zusammenstellungen. Mich haben die Zusatzinformationen im Magazin überzeugt, die umfassende Berichte zu den Künstler:innen und zur Musikszene enthalten. Der Dienst hat den Ruf, die Musikschaffenden gut zu bezahlen, was ich nicht beweisen konnte. Der grösste Pluspunkt für Qobuz ist jedoch die hohe Musikqualität; das kann kein anderer Anbieter so gut und umfassend. Leider bietet Qobuz nichts Natives für Linux-User.
Meine zweite Empfehlung ist: Spotify
Der Marktführer ist mir zwar nicht sympathisch, überzeugt jedoch mit einem guten Gesamtangebot. Wer auf generierte Musikempfehlungen steht und mit einer mittelmässigen Qualität auskommt, ist hier gut aufgehoben. Der Hauptgrund, warum ich Spotify empfehle, ist die Verfügbarkeit von Lösungen für Linux-Anwender:innen. Die WebApp ist besser als alle anderen und mit Raspotify gibt es eine headless-Anwendung, die man einsetzen kann, ohne einen Server nur für das Hören von Musik verschwenden muss (Appliance).
Damit endet diese Serie. Ich hoffe, ihr konntet Nutzen daraus ziehen.
Moment mal Ralf, so leicht kommst du nicht aus der Sache raus! Was wirst du jetzt verwenden?
Bisher genügte mir Internetradio und meine private Musiksammlung. In den letzten Jahren hatte ich verschiedene Musik-Streamer im Einsatz, insbesondere SoundCloud. Ich werde zu Qobuz Kontakt aufnehmen, um eine bessere Unterstützung von Linux-headless zu erreichen. Ob ich mein Probe-Abo bei Spotify verlängern werde, weiss ich nicht. Es spricht etwas dafür.
Ich muss hier jetzt doch einen Kommentar loswerden. Ein grosses Kriterium deiner der Serie basiert auf der Vergütung - Dieser Aspekt war dir sogar einen eigenen Artikel Wert. Deine Quelle hat aber ihrerseits keine Quellen verlinkt - ich frage mich wirklich wie sie auf diese Werte kommen.
Ich bin Deezer Fan zu erklären und hatte von Anfang den Eindruck, dass die Zahlen für Deezer unmöglich stimmen können. Denn Deezer bezahlt (seit 2023) seine Künstler nicht per Stream aus, sondern PerStreamPerUser (https://thebackstage-deezer.com/de/musik/wie-viel-zahlt-deezer-den-kunstlern/). Wenn ich als BuffaloBill also 15CHF pro Monat Zahle und dafür 100 Titel streame, dann erhält der Künstler von 1 Titel.... ja genau: 15 Rappen.
Jaaa ich weiss, Deezer behält natürlich auch einen Teil des Geldes. Aber diese Michbuchrechnung zeigt, wie das Berechnungsmodell in der Basis funktioniert und warum es so genial andersartig ist. Deezer passt überhaupt nicht in diese Tabelle im Bezahlmodell Artikel. Das ist àpfel und Birnen. Es gibt keinen fixen Betrag, den Deezer pro Stream bezahlt. Sondern DU kannst mit DEINEM Streaming entscheiden wie viel DEIN Künstler von DEINEM Geld erhält.
Danke für deine Klarstellung, wie das Bezahlmodell bei Deezer funktioniert.
Erstmal Danke Ralf, für die schöne Serie! Ich habe zwar auch eine lokale Musiksammlung, aber in den letzten Jahren überwiegend Spotify plus Internet-Radio gehört [UKW-Radio aus dem Kabel gibt es leider nicht mehr].
Die eigene "Musikblase" existiert natürlich, ist auch ganz bequem. Gibt es auch manchmal Überraschungen, wenn da Songs auftauchen,die ich vor 30 Jahren mal gehört habe und gar nicht mehr auf dem Schirm hatte. Hindert mich aber niemand daran, gelegentlich über den Tellerrand hinauszublicken ...
Vielen Dank, Ralf, für diese interessante Serie!
Deine Wahl für Qobuz als den besten Streaming-anbieter für dich verstehe ich, mir ist dieser Dienst auch am liebsten. Sowohl die Klangqualität, aber auch die Musikauswahl, ist für mich persönlich bei Qobuz auch am stimmigsten.
Trotzdem habe ich zusätzlich auch ein Spotify-Abbo, und das aus verschiedenen Gründen:
Wie schon mehrmals in Kommentaren geschrieben, ist der Logitech Mediaserver für Linuxer eine gute Wahl für eine gute und featurereiche Abspielumgebung für Musik. Ein modernes Webinterface lässt einem vergessen, dass es für Qobuz und co keine native Linux Anwendung gibt, die braucht man dank des Logitech Mediaservers und ggf. dem Softwareplayer Squeezeplay dann nicht mehr wirklich...
Ein Artikel über Installation und Benutzung vom Logitech Mediaserver und squeezeplay wäre toll
Vielen Dank für diese aufwendige und aufschlussreiche Serie, die mich in meiner Meinung bestätigt. Genervt von diesen unglaublich dämlichen Algorithmen, habe ich mich von Deezer, Spotify und Tidal nacheinander verabschiedet. Von der miesen Bezahlung der Künstler mal abgesehen, nutzt mir auch die beste hohe Musikqualität - falls vorhanden - nicht viel, wenn man nur auf Wifi angewiesen ist. Aber vor allem: Diese Streamingdienste sind vorwiegend nur auf westliche Musik ausgerichtet. Orient? Afrika? China? Südamerika? Kommt kaum oder gar nicht vor. Ich freue mich jeden Tag über Clementine (oder andere Radioprgramme), damit kann ich kostenlos weltweit mehrere zehntausend Radiosender hören. Ohne Algorithmenzwang und evtl. von Musikredakteuren ausgesucht.
Vielen Dank für die Vorstellung der einzelnen Dienste. Es ist nicht leicht da einen guten Überblick zu bekommen, wenn man die nicht alle selbst einmal getestet hat. Ausserdem ist es interessant zu sehen das jeder völlig unterschiedliche Anforderungen und Erwartungen an die Anbieter hat. Hier noch eine tolle Übersicht mit vielen verschiedenen Links zum Thema Musik-Streaming: https://neoxion.net/streaming-music/