Serie: Musik-Streamer - Internet Radio

  Ralf Hersel   Lesezeit: 5 Minuten  🗪 12 Kommentare

Spotify und Co. haben den Begriff Musik-Streaming nicht gepachtet. Das Streamen von Internet-Radio-Sendern ist eine Alternative.

serie: musik-streamer - internet radio

Ich weiss, was ihr jetzt denkt: Was hat Internet-Radio in einer Serie über Musik-Streamer zu suchen? Na ja, Internet Radio ist zwar nicht Spotify und Co, aber dennoch ist es eine Methode um Musik zu streamen. Sozusagen das Streaming des kleinen Mannes, der nicht jeden Monat 10 bis 15 Euro ausgeben möchte. Manchen genügt das Angebot an Internet Radiosender völlig.  Dort kann man zwar nicht nach bestimmten Songs suchen und die Audio-Qualität ist miserabel, aber man profitiert von der Auswahl der Radiosender. Ich selbst bin leidenschaftlicher Radio-Hörer und mein Entschluss ist noch nicht gefallen, ob ich wirklich Qobuz mit HiRes-Audio brauche.

Zum Thema Internet Radio gab es bei GNU/Linux.ch schon viele Artikel. Es gibt unzählige Anwendungen, um Radiosender auf dem Handy oder dem Desktop abzuspielen und zu organisieren. Ein Beispiel für eine Desktop-Anwendung ist Shortwave:

Die Anwendung sieht nett aus, ist aber für meinen Geschmack ungenügend, wenn es um die Sender-Details und die Suchmöglichkeiten geht. Bei 30'000 Sendern ist eine einfache Textsuche nicht ausreichend. Eine genauere Suche nach Land, Genre und Audio-Qualität ist hilfreicher, insbesondere, wenn man seine Sender mit anderen Anwendungen organisieren und abspielen möchte.

Viele Internet-Radio-Apps verwenden die Webseite Radio-Browser als Datenbank für die Sender. Diese Seite ist die Mutter der Porzellankiste, wenn es um Internet Radio geht. Aktuell enthält die Datenbank über 47'000 Sender. Besonders gut sind die angebotenen Suchmöglichkeiten: Länder, Genre, Sprache, CODEC, Bit-Rate und vieles mehr. Hier ist ein Beispiel: Ich möchte einen deutschen Smooth-Jazz-Sender finden, der mit mindestens 192 Kbps sendet.

Doch damit nicht genug. Auf der RadioBrowser-Seite kann man die Radiosender abspielen, deren Homepage besuchen, eine Bewertung abgeben und (ganz wichtig) den Zugriff auf alle Detailinformationen:

Was man haben möchte, ist die Streaming-URL, damit man den Sender aus jeder Anwendung und von jedem Gerät aus abspielen kann. Zum Beispiel im Terminal mit MPV:

mpv 'https://stream.epic-lounge.com/french-cafe-lounge'  

Wie wäre es mit einer Playlist deiner besten Radiosender für den Musikserver? Eine solche Playlist im m3u-Format sieht beispielsweise so aus:

#EXTM3U
#EXTINF:,Radio24 (Main, 192)
https://stream.streambase.ch/radio24/mp3-192/direct/
#EXTINF:,1.FM - Absolute TOP 40 Radio (Pop, 192)
http://strm112.1.fm/top40_mobile_mp3
#EXTINF:,1.FM - Bay Smooth Jazz (Jazz, 192)
http://strm112.1.fm/smoothjazz_mobile_mp3
#EXTINF:,1.FM - Blues Radio (Blues, 192)
http://strm112.1.fm/blues_mobile_mp3

Die kann man von Hand erzeugen, von der Musik-Anwendung deines Vertrauens (Rhythmbox etc.) generieren lassen, oder mit meinem CLI-Programm Station verwalten.

Falls beim RadioBrowser etwas fehlt, kann man den Lieblingssender gleich hinzufügen. Dafür gibt es den Menüpunkt Add. Die Webseite RadioBrowser ist nach meiner Meinung das Beste, was es für Internetradio-Hörer:innen gibt. Da bleiben keine Wünsche offen. Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie Informationen nicht durch Handy-Apps unterdrückt werden, womit die Entwickler die Benutzererfahrung steigern wollen, sondern man freien Zugriff auf alle Informationen erhält, die für die Umsetzung der eigenen Bedürfnisse nötig sind.

Apropos Handy-Apps; wer gerne auf dem Smartphone Internet-Radio hören möchte, dem empfehle ich die App RadioDroid aus F-Droid. Das ist im Grunde eine Implementierung von RadioBrowser für Android.

Fazit

Musik-Streaming muss nicht immer ein Konto bei den grossen Streaming-Firmen bedeuten. Es hängt von den persönlichen Anforderungen und dem Budget ab. Als Alternativen bieten sich die Bibliothekslösung FreeGal-Music oder die riesige Auswahl an Internet-Radio-Sendern an.

Noch ein letztes Wort zur Tonqualität: 192 Kbps klingt gar nicht mal so schlecht. Ich empfehle bei der Suche nach Sendern, darauf zu achten, dass die Qualität bei mindestens 192 Kbps liegt; euren Ohren zuliebe.

Tags

Streaming, Musik-Streamer, Internetradio, Radio

Elvira
Geschrieben von Elvira am 13. März 2024 um 09:38

Dass das Thema "Internetradio" da mit hinein gehört, würde ich hier ebenfalls unterschreiben, und auch meinerseits kann ich 'RadioDroid' empfehlen.

Falls Alex hier mitliest, seit einem Update im Herbst habe ich mit 0.86 (vom September 2023) unter MIUI folgendes Phänomen (zuvor war die Funktionalität völlig einwandfrei gewesen):

Beim Senderwechsel wird der neue Sender erst mal nicht angezeigt, und es bleibt bei der Anzeige des alten. Die Anzeige wird getriggert, sobald man unten links am Telefon das weiße Quadrat drückt, und dann nochmal.

PS: Die Suchfunktion ist grandios umgesetzt, und die eigene 'RadioDroid' Senderliste -wie sie im Beitrag beschrieben ist- kann man exportieren, um sie auf dem Linux Rechner zu verwenden, u.a. mit audacious, goodvibes, ... und wie sie alle heißen.

Max
Geschrieben von Max am 13. März 2024 um 10:36

Ich kann auch sehr gut Transistor als Radio App empfehlen. Freue mich schon wenn es mal um Subsonic und Navidrome geht.

Dettente
Geschrieben von Dettente am 13. März 2024 um 12:12

Bei der Angabe der Mindestbitrate sollte aber die Art des Codecs angegeben werden. Mp3 liegt da ja mittlerweile abgeschlagen hinten. Aac oder ogg-opus wären da die aktuelle Wahl. Denn 128 kbit/s aac/ogg-opus sind locker mit 192 kbit/s mp3 vergleichbar. Manchmal steht bei Radio-Browser leider nur ogg, was womöglich auch ogg-vorbis bedeuten könnte. Diesen gilt es aber zu vermeiden, weil qualitativ minderwertig.

Robert
Geschrieben von Robert am 13. März 2024 um 12:37

Transistor:

radio-browser.info:

  • ist schon ganz gut, wenn man es eilig hat
  • aber FAQ #1: "Why can stations not be changed? Because of vandalism, please see the discussion on GitHub."

Rhythmbox:

  • ist unter Linux Mint vorinstalliert und reicht mir zum Probehören am Rechner und um eine zentrale Verwaltung meiner Lieblingssender zu haben
  • aus der Playlist-XML extrahiere ich mir die Sender-URLs in eine Textdatei, schiebe diese per Syncthing auf meine Geräte und kann damit dann die Sender in Transistor hinzufügen

(Freecom) MusicPal:

  • ist ein auf Linux basierendes "Internetradiowiedergabegerät" von 2008
  • mehr Infos: https://musicpal.mcproductions.nl/ und https://www.onderka.com/computer-und-netzwerk/freecom-musicpal-webradio
  • bei mir sind hier noch zwei Stück im Einsatz
  • hat mitunter seine Macken mit der WLAN-Verbindung bzw. Stabilität der Firmware sowie brechenden Achsen der Bedienrädchen, aber dadurch hat das Gerät auch wieder Charme ;-)
  • während Reciva-Geräte wegen der Abschaltung der Server 2021 seither meist nur noch als Briefbeschwerer taugen, hat der MusicPal eine Weboberfläche, auf der man selbst Stream-URLs hinterlegen kann
Robert
Geschrieben von Robert am 13. März 2024 um 12:46

Radio ist leider bei vielen sehr in Vergessenheit geraten. Ich kann dazu http://radio.garden wirklich sehr empfehlen, das macht wirklich eine ganze Menge Spass über den Globus zu wandern und dann in den Stationen der einzelnen Orte zu wühlen. Und hier findet man eine richtig gute Übersicht mit allen Links zum Thema Radio im Internet: https://neoxion.net/radio-worldwide/

Dettente
Geschrieben von Dettente am 13. März 2024 um 12:49

Keine Ahnung, was an meinem Kommentar auszusetzen war, vielleicht zu besserwisserisch. Mir geht doch nur darum, dass man als Nutzer ein besseres Ergebnis erhält. Wird jedenfalls meiner letzter Kommentar unter deinen Artikeln gewesen sein.

rofel
Geschrieben von rofel am 13. März 2024 um 14:11

Vielen Dank für den Artikel Es gibt tolle Radio Sender, welche werbefrei, eine von Kennern erstellte Musik Auswahl zur freien Verfügung stellen. Ich mag dabei auch das "Gemeinsame zur gleichen Zeit" verbindende Gefühl... Meine Favoriten sind da Radio Rasa (CH) Radio Sunrise (DE) Mir öffnen Radios auch den Zugang zu Musik und gar Kulturen, welche mir bei Logarithmus generierter Listen vermutlich nicht zugänglich sind. Bei all dem Medienüberfluss auf allen Kanälen hat Radio auch etwas beruhigendes

garfield121
Geschrieben von garfield121 am 13. März 2024 um 14:56

Shortwave (Flatpak) nutze ich auch ganz gerne, die Suchfunktion ist zumindest dafür gut, "meine" Sender zu finden. Übrigens, woher bekommt man das dunkle Theme? P2Radio (Java-Programm) ist ähnlich, nur das für die Wiedergabe ein externes Programm eingebunden werden muss: VLC (Default), bei mir Audacious. Station habe ich auch versucht, ist aber daran gescheitert, das ich nicht weiss, woher ich das Modul pyradios holen soll (Debian 12).

Herr Dyyhl
Geschrieben von Herr Dyyhl am 13. März 2024 um 22:18

Vielen Dank für den tollen Artikel. Als Radiofreund fand ich ihn sehr interessant.

Den/das bereits erwähnte "Radio Garden" kann ich auch nur empfehlen. Da kann man sich einmal um die ganze Welt dirchhören. Auch ein Freund aus dem Irak fand das sehr spannend - nicht zuletzt, weil wir Musik aus Bagdad hören konnten. 🙂

PS: Vielen Dank auch für die Links.

Peter
Geschrieben von Peter am 14. März 2024 um 09:45

Tolle Serie. Und noch eine Frage: wird es auch noch einen Beitrag zum Logitech Media Server (LMS) geben ? Nutze ich seit einigen Jahren. Es ist ein tolles Open Source Projekt.

Felix Daum
Geschrieben von Felix Daum am 14. März 2024 um 17:40

Hallo Peter,

vielen Dank für Deinen Vorschlag! Hier bei GNU/Linux.ch darf jeder mitschreiben. Von der Community für die Community. Wenn Du schon einige Jahre Erfahrung hast, dann wäre es toll, wenn Du den Artikel schreiben könntest.

Das macht mehr Sinn, als wenn zum Beispiel Ralf sich erst mit dem System auseindersetzen muss, falls er es noch nicht kennt.

Viele Grüße

Felix vom Core-Team

Naja
Geschrieben von Naja am 15. März 2024 um 11:02

Zum Thema KünstlerInnen-Vergütung wäre es auch mal interessant zu erfahren, wie die Webradios vorgehen. Ich vermute die melden ihre Playlisten an Verwertungsgesellschaften. Und ob deren Schlüssel dann besser sind als die Vergütung der Streamer? Ich hab mal Swissgroove angeschrieben.