Zum Wochenende: Die Qual der Wahl

  Ralf Hersel   Lesezeit: 3 Minuten  🗪 17 Kommentare Auf Mastodon ansehen

In der Linux-Welt gibt es mehr Auswahl, als Umsteigern lieb ist. Deshalb ist es wichtig, klare Empfehlungen auszusprechen, auch wenn das manchmal nicht so einfach ist.

zum wochenende: die qual der wahl

Gestern stiess ich auf Mastodon auf eine Frage von grundschulmann:

#linuxumstieg 
Bin seit Anfang des Schuljahres mit meinem Arbeitsgerät auf #linux umgestiegen. Klappt soweit gut, nur manches muss ich noch lernen: Hätte gern, dass mein PC wichtige Ordner 1x pro Woche automatisch auf meine NAS spiegelt, sodass ich immer ein 1:1-Backup habe. Bei #win10 habe ich das mit #freefilesync batch-skript über die Aufgabenplanung gemacht. Wie geht das bei #linux?

Meine Antwort war:

Du könntest es in dein normales Backup-Konzept einbeziehen oder über Autostart bei jedem Booten ein Shell-Skript anstossen, welches rsync ausführt.

Sogleich gingen mir Gedanken durch den Kopf, wie man das am besten bewerkstelligen könnte. Als altem Linux-Hasen lag die offensichtliche Lösung auf der Hand: Ein Cronjob, der ein Shell-Skript startet, welches mit rsync das Backup durchführt. Oder lieber einen SystemD-Timer, der prüfen kann, ob das NAS überhaupt erreichbar ist? Doch wie wäre es mit einem Backup-Programm, welches die Zeitsteuerung bereits eingebaut hat?

Das Gute bei Linux ist, dass es für alles eine Lösung gibt. Leider (oder zum Glück) gibt es meistens sehr viele Lösungen.

Dann sah ich, dass es sich beim grundschulmann um einen Einsteiger in die Linuxwelt handelt. Einsteigern muss man nicht mit Cronjobs, SystemD oder rsync kommen. Das sind zwar valide, funktionale und stabile Lösungen, sie überfordern den Umsteiger jedoch.

Mein letzter Gedanke fiel auf ein einfaches Backup-Programm mit eingebauter Zeitsteuerung. Wie wäre es denn mit DejaDup? Diese Anwendung ist sehr einfach zu bedienen und erfüllt die Anforderungen von grundschulmann. Das Paket gibt es in den Repositories aller Distributionen. Ich verzichte hier auf eine Erklärung zur Bedienung von DejaDup, da diese kinderleicht ist:

  1. Zu sichernde Ordner hinzufügen
  2. Zielort für die Sicherung eintragen
  3. Häufigkeit der Sicherung auswählen, z. B. wöchentlich
  4. Automatisch oder bei Bedarf die Sicherung ausführen lassen

Standardmässig kommt Duplicity als Backup-Dienst zum Einsatz; man kann aber auch (experimentell) Restic auswählen.

Bei Backup-Anwendungen gibt es immer wieder die Fragen, ob man noch an die gesicherten Daten herankommt, wenn das Backup-Programm nicht mehr funktioniert. Bei DejaDup sind die gesicherten Dateien im Zielverzeichnis auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Sie verstecken sich in tar-Archiven, sodass man beim Versagen der Anwendung zur Not auch von Hand die gesicherten Dateien wiederherstellen kann.

Klare Empfehlungen aussprechen

Wie so oft habe ich mich zu lange mit der Einleitung aufgehalten. Doch es war mir wichtig, dem grundschulmann eine klare Empfehlung zu geben. In der GNU/Linux-Welt begegnet uns diese Herausforderung ständig: Welches ist die beste Distribution, welche Desktop-Umgebung soll man empfehlen, welche Office-Suite darf es denn sein?

Bei uns (FSFE-Schweiz) laufen zurzeit die EndOf10-Workshops, bei denen wir Windows-Nutzern den Umstieg auf Linux erleichtern. Dabei hat sich Linux Mint mit dem Cinnamon-Desktop als einsteigerfreundliche Empfehlung etabliert. Doch es stellt sich die Frage, ob das noch state of the art ist. Wäre nicht ZorinOS 18 die bessere Wahl für Windows-Umsteiger? Und so geht das weiter: Empfiehlt man LibreOffice, oder ONLYOFFICE? Lieber Thunderbird oder Evolution? Zumindest beim Webbrowser sollte es keine Überlegungen geben: Es darf nur Firefox sein (wegen Manifest V3).

Entscheidend ist, dass sich Ein- und Umsteiger abgeholt fühlen und von Anfang an ein funktionierendes System haben, welches ihre Grundanforderungen erfüllt. Das Entdecken der grossen Vielfalt kommt früher oder später von ganz alleine.

Titelbild: https://pixabay.com/photos/apple-pear-fruit-food-foods-519700/

Quellen: im Text

Tags

Empfehlung, Einsteiger, Umsteiger, Backup, Dejadup

Stefan Draxlbauer
Geschrieben von Stefan Draxlbauer am 26. September 2025 um 21:28

Klare Empfehlungen finde ich gut. Aber warum die Debian+GNOME\GTK Welt? Da kommen die Leute von einem Gefängnis in ein Neues. Und über Hardware Unterstützung will ich garnicht erst reden...

Ich empfehle mittlerweile nur noch KDE Plasma Distributionen wie Solus und Qt-Apps wie Kate oder Okular.

Das läuft stabil, bekommt Updates und man braucht nicht alle 2 Jahre das System neu installieren - zumindest hat bei mir noch kein Debian-basiertes System ein Upgrade ordentlich durchgeführt. Auch ohne PPAs oder Drittquellen. Blackscreen war der Normalfall.

Dazu kann man KDE Plasma gut an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Und Qt-Apps sehen nativ aus, weil ordentlich gethemed, und verwenden die Akzentfarbe für mehr als eine Checkbox pro App, was die libAdwaita-Apps machen.

Die Linux Mint Entwickler und Community machen einen tollen Job, definitiv. Habe ich großen Respekt vor. Aber gefühlt irgendwie zwecklos in meinen Augen, weil oft irgendwie vergebene Liebesmühe.

klausb
Geschrieben von klausb am 26. September 2025 um 21:50

An Stefans Kommentar sieht man deutlich, dass es mit klaren Empfehlungen gar nicht so einfach ist. Ich bin völlig gegensätzlicher Meinung, mag KDE/Plasma gar nicht, bevorzuge Debian und habe bei Neu-Installationen keine Probleme gehabt, sondern betrachte sie als gute Gelegenheit, mich von altem Paket-Müll zu befreien. Aber damit man mich nicht falsch versteht, möge jeder benutzen , was ihm zusagt. Deshalb wäre die einzige klare Empfehlung die ich geben könnte, probiert möglichst viel aus und behaltet das, was zusagt...

s3nnet
Geschrieben von s3nnet am 26. September 2025 um 21:58

Armer grundschulmann,

die hilfreiche Antwort hätte gelautet: FreeFileSync? Gibts auch für Linux, sogar als Flatpak bequem über Flathub, außerdem im AUR.

Werner
Geschrieben von Werner am 26. September 2025 um 22:15

In diesem Fall wäre die Lösung noch einfacher, FreeFileSync gibt es auch für Linux. LG Werner

MintFrau
Geschrieben von MintFrau am 26. September 2025 um 22:49

Der grundschulmann sagt er hatte zuvor FreeFileSync im Einsatz. Ich verstehe nicht, wieso er nicht dabei bleibt, denn das gibt es auch für Linux https://freefilesync.org/download.php Wieso hast du ihm nicht aufgezeigt, wie er das Programm, das er schon gut kennt, unter Linux in der gleichen Art und Weise weiter benutzen kann? Da muss er sich überhaupt nicht umgewöhnen!

Robert
Geschrieben von Robert am 26. September 2025 um 22:59

Und warum nicht einfach weiterhin über FreeFileSync, wenn er es doch schon hat? https://freefilesync.org/manual.php?topic=schedule-batch-jobs#linux

Rainer
Geschrieben von Rainer am 26. September 2025 um 23:04

freefilesync gibt es auch für Linux, da ist der Umstieg wahrscheinlich am einfachsten

Patrick
Geschrieben von Patrick am 27. September 2025 um 12:39

Es ist leider nicht leicht in der Linux Welt, da es so viele alternativen gibt. Ich finde es aber gut, das es viele Stellen gibt, wo Infos und Empfehlungen ausgesprochen werden.

BuffaloBill
Geschrieben von BuffaloBill am 27. September 2025 um 13:03

Ich empfehle normalerweise Plasma oder auch Cinnamon, denn Gnome hat hat ein eigenes Bedienkonzept. Das ist zwar ein gutes Konzept - versteht mich richtig - aber da man schon so viel neues lernen muss, nimmt man halt für den Anfang einen Desktop, der das Windowskonezpt unterstützt. Backup nehme ich Timeshift für Neulinge. Mail und Browser - je nach preferenz. Nutzer die Chrome oder Edge benutzt haben dürfen diese normalerweise weiter benutzen. Wie gesagt, nicht zu viel neues auf einmal, kann man später immer noch. Lieber ein sanfter Umstieg als ein harter.

Robert
Geschrieben von Robert am 27. September 2025 um 13:39

Um der gewählten Überschrift "Die Qual der Wahl" gerecht zu werden, empfehle ich diese Übersicht von verschiedenen Lösungen zum Thema Backup und Filesyncronisation https://neoxion.net/backup-filesync/

Naja
Geschrieben von Naja am 27. September 2025 um 15:46

> Einsteigern muss man nicht mit Cronjobs, SystemD oder rsync kommen. Das sind zwar valide, funktionale und stabile Lösungen, sie überfordern den Umsteiger jedoch.

Das sehe ich überhaupt nicht so. Alles lässt sich lernen, du hast es doch auch gelernt.

Einsteiger bedeutet doch nicht gleichzeitig Lernunwilliger. Zumal es sich bei dem Ratsuchenden um einen Lehrer zu handeln scheint.

Ich persönlich sehe keinen großartigen Unterschied darin, jemandem ein Backup-Programm zu erklären oder die rsync-Optionen. Natürlich vorausgesetzt, die Person ist offen dafür.

Es hängt immer davon ab, wozu der/die Umsteiger/in bereit ist.

Peter
Geschrieben von Peter am 27. September 2025 um 21:17

100% einverstanden. Als Windows-User nützt dich auf die Frage "welche Distro soll ich wählen?" eine Antwort "kommt drauf an was du möchtest..." rein gar nichts - auch wenn es natürlich stimmt.

Finde super wie du regiert hast. Auf die Distro-Frage antworte ich nur noch mit "Mint", und wenn dort jemand weiter den Chrome-Browser nutzen möchte: so what? Ich kann schon Firefox empfehlen, aber man darf von Umsteigern nicht verlangen, dass sie auch das gesamte App-Ökosystem ändern MÜSSEN. Immer die Hürde so niederig wie möglich halten :)

Christian Becker
Geschrieben von Christian Becker am 29. September 2025 um 14:58

Ja, klare Empfehlungen sind schon offenbar angebracht - insbesondere bei der Distribution. Man kann von Anfängern nicht erwarten, dass sie selbst entscheiden können, welche da für sie geeignet ist. Letztendlich eigentlich jede, die benutzerfreundlich und nicht nischig ist. Mint, Ubuntu, MX, ... eigentlich egal. Ich empfehle daher Mint.

Schwarzbrot
Geschrieben von Schwarzbrot am 30. September 2025 um 08:50

Ich erkenne mich in @grundschulmann wieder, FreeFileSync gibt es auch für Linux und machte genau das bei mir auch. Ein winziges Script mit rsync war dann die fortgeschrittene Variante, welche das jetzt bei mir macht. :-)

Grundschulmann würde ich also empfehlen, FreeFileSync einfach auf Linux weiterzuverwenden, genau wie er es unter Windows getan hat.

Schwarzbrot
Geschrieben von Schwarzbrot am 30. September 2025 um 08:55

Huch … Du kannst meinen Kommentar löschen, den Inhalt dessen gibt es ja schon mehrfach … warum auch immer (vermutlich nicht aufgepasst) hatte ich die erst gesehen/wurden angezeigt, nachdem ich meinen verfasst hatte(?). Danke und schönen Tag noch.

DxU
Geschrieben von DxU am 1. Oktober 2025 um 16:07

dann auch noch meine 2 cent dazu
Duplicati
Gibts auch einen Klasse Beitrag hier https://gnulinux.ch/duplicati-datensicherung
und dort hab ich auch einen Kommentar mit verlinktem Screeenshot der unterstützten Protokolle kommentiert.

pit
Geschrieben von pit am 2. Oktober 2025 um 07:28

Vielfalt ist ja kein Fluch, sondern ein Segen. Ich habe lange Vorta genutzt, eine Backup-Lösung, die auf BorgBackup basiert. Funktioniert wunderbar, die GUI ist auch für Anfänger intuitiv genug. ABER:

> [...] ob man noch an die gesicherten Daten herankommt, wenn das Backup-Programm nicht mehr funktioniert.

Kurze Antwort: Nicht ohne weiteres. Borg spiegelt nicht einfach Verzeichnisse/Dateien im Backup-Ziel, es pflegt seine eigene Struktur. Ohne BorgBackup oder Vorta lässt sich damit nichts anfangen.

Aus diesem Grund bin ich auf backintime umgestiegen. Das bietet ebenfalls eine intuitiv bedienbare GUI (hier, Debian, backintime-qt) und die Struktur der Verzeichnisse/Dateien im Backup-Ziel entspricht der der Quelle. Darauf zugreifen lässt sich somit auch dann, wenn die Backup-Anwendung nicht zur Verfügung steht. Natürlich werden Hardlinks genutzt, damit unveränderte Daten nicht redundant gepeichert werden (inkrementelles Backup).

> APT-Sources: https://deb.debian.org/debian unstable/main amd64 Packages > Description: Einfaches System für Schnappschüsse/Sicherheitskopien (grafische Oberfläche) > Back In Time ist ein Rahmenwerk für rsync und cron, um Schnappschüsse > und Sicherheitskopien von ausgewählten Ordnern zu machen. Es minimiert die > Nutzung des Festplattenspeichers, indem Schnappschüsse nur gemacht werden, > wenn sich das Verzeichnis verändert hat und in diesem Fall harte Links für > unmodifizierte Dateien angelegt werden. Der Benutzer kann regelmäßige > Sicherheitskopien mit cron planen.