Seid ihr im Fediverse unterwegs? Ist es euch auch schon aufgefallen, wie ruhig es in den letzten Wochen und Monaten geworden ist? Und selbst der Entwickler von Mastodon, verlässt das sinkende Schiff. Doch was ist da los? Die Statistiken beweisen einen klaren Rückgang der aktiven Nutzenden. Auch ich habe eine gewisse Ruhe feststellen können und insgesamt gemerkt, dass weniger Interaktion stattfindet.
Mein persönlicher Lackmustest bei solchen Ahnungen ist üblicherweise, einen neuen Account zu eröffnen und zu schauen, wie viele Follower tatsächlich mitkommen, ohne Zwangsmigration. Da ihr ja mitbekommen habt, dass ich die Entwicklungen bezüglich Quoted Toots so ziemlich daneben finde und ich überzeugt bin, dass es wirkliche Interaktion zerstört, habe ich gleich auch noch die Gelegenheit am Schopf gepackt und eine neue Plattform aufgesetzt.
Einige davon haben wir ja bereits in unserer beliebten Fediverse-Serie behandelt, und so wurde auch ich dort fündig. Pleroma kannte ich bereits und habe es damals (TM), als ich es getestet habe, für gut befunden, vermisste aber einige Features. Daher habe ich mich für den Fork Namens Akkoma entschieden und kurzerhand auf Cyber Boulevard eine Instanz aufgesetzt, beziehungsweise aufsetzen lassen, denn auch ich werde älter und wollte mir dieses Mal den Aufwand ersparen und habe mich daher für einen Anbieter entschieden, der das für mich gemacht hat. Da ich hier keine Werbung machen will, fragt mich bei Bedarf einfach direkt.
Gesagt, getan habe ich ein neues Konto angelegt und nur die Follower importiert. Auf Mastodon sind dort schon einige zusammengekommen und diese Follis erhalten eine Nachricht, dass ihnen von einem neuen Account gefolgt wurde. Einige (Grüsse an Ulfie) waren skeptisch und haben nachgefragt. Daher habe ich dann von beiden Accounts Links erstellt, damit ihr auch wisst, dass ich es bin. Doch von den Tausenden Followern haben mir tatsächlich auf dem Akkoma Konto nur einige Hundert zurückgefolgt.
Das bestätigt für mich die These, die sich auch durch aktuelle Statistiken untermauern lässt, dass immer weniger Menschen im Fediverse aktiv sind.
Doch was sind die Gründe dafür? Ich selbst habe seit der politischen Anstandslosigkeit eine allgemeine Verrohung des Umgangstons feststellen können, und auch bei uns im Fediverse.
Oder hat es mit der KI zu tun? Wenn ich auf Plattformen wie YouTube schaue, sehe ich eigentlich nur noch KI-generierte Inhalte. Menschen sind da mittlerweile kaum noch zu finden, und ich stelle tatsächlich mit meinem Kanal eine echte und authentische Ausnahme dar.
Ich ertappe mich selbst immer öfter in Momenten, in denen ich mich frage, ob das nun ein KI-Bild oder real ist. Die Unterscheidung wird immer schwieriger.
Was ist denn mit der bisherigen Kommunikation passiert? Findet diese in anderen Kanälen statt? Auch das kann ich nicht wirklich bestätigen, denn auch in den Community-Kanälen ist es aktuell sehr ruhig.
Vielleicht sehnen wir uns wieder mehr nach Authentizität, nach Echtheit, nach Spürbarem, nach Anfassen?
Ich habe das Fediverse mitaufgebaut, weil ich zu der Zeit keine andere Möglichkeit hatte, mit Menschen mit ähnlichen Interessen in Kontakt zu kommen. Durch das Leben abseits von dem, was hinlänglich als Zivilisation bezeichnet wird, war es mir kaum möglich, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten. Es war also wie so oft bei Freier Software 'aus der Not heraus geboren'.
Und da sehe ich auch heute noch die Stärke des Fediverse. Es bietet eine Plattform, auf der sich Menschen mit ähnlichen Interessen austauschen können. Dabei ist es aber auch wichtig zu sagen, dass auch das Fediverse erst einmal ein öffentliches soziales Netzwerk ist. Das heisst, auch wenn ich im Profil Einstellungen setzen kann, damit meine Beiträge nicht von Suchmaschinen erfasst werden, wissen wir mittlerweile alle, dass seit KI die sogenannte robots.txt in der solche Einschränkungen definiert werden können, oftmals einfach ignoriert wird.
Das führt mich zu meiner letzten möglichen These, dass viele Menschen einfach skeptisch, ängstlich oder zurückhaltend sind, wenn es um das Teilen von Inhalten im Internet geht. Und das verstehe ich vollends, denn mein Credo lautet, dass jede Datei, sobald sie einmal gespeichert wurde, potenziell öffentlich ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Datei verschlüsselt wurde oder nicht. Es ist nur eine Frage der Zeit und des Interesses an den Daten.
Ich bin ein grundsätzlich optimistischer Mensch und daher möchte ich mir einreden, dass wir uns bewusster geworden sind und mit Daten sparsamer umgehen. Doch meine Bitte und mein Wunsch sind, dass euch das nicht von dem dringend benötigten Austausch abhalten soll. In Mastodon habt ihr unter den Einstellungen die Möglichkeit, zu definieren, ob euer Konto von Suchmaschinen gefunden werden soll. Falls ihr euch unsicher seid, schränkt den Zugriff ein, nicht aber den Austausch miteinander. Selbst wenn die KI es möglicherweise ignoriert.
Und noch ein kleiner Seitenhieb zum Abschluss. Wenn man im Mastodon-Webfrontend nach Eugens Selbstverwirklichung (vor seiner Flucht) aktuell auf Retooten klickt, kommt ein nerviges Popup, das fragt, ob man denn nicht vielleicht Quoten möchte. NEIN, möchte man nicht. In den Einstellungen könnt ihr festlegen, dass der Retoot Button wie bisher einfach nur weitertrötet.

