Einige Outliner gibt es schon sehr lange. Die erste Version von ZIM wurde 2006 in Perl geschrieben. Seit der Version 0.51 aus dem Jahr 2011 basiert ZIM auf Python und der GTK-Bibliothek. Die aktuelle Version 0.74 verwendet GTK-3 und wird, wie seit 16 Jahren, vom Hauptentwickler Jaap Karssenberg betreut.
Ich verwende das Werkzeug seit vielen Jahren und habe damit eine Wissensdatenbank aufgebaut, die ich täglich nutze und pflege. Seien es Code-Schnipsel, kurze Anleitungen, URLs oder allgemeine Notizen, ZIM ist mein treuer Begleiter im Beruf und privat. Die Anwendung bietet eine gute Balance zwischen Geschwindigkeit, Funktionalität, Benutzungsfreundlichkeit und Dokumentation. Das ist ihr Erfolgsrezept.
Bei GNU/Linux.ch sind bereits einige Artikel über ZIM erschienen, und zwar:
Struktur: Hierarchie, Tags, Weiteres
Es ist offensichtlich, dass ZIM die Hierarchie als Ordnungskriterium verwendet. Im Baum-Panel auf der linken Seite können beliebig viele Notizbücher verwaltet werden. Jedes davon kann beliebig viele Blätter im Baum enthalten. Über das Journal-Plugin kann man auch ein Tagebuch führen. Dafür erhält man eine Kalenderauswahl und Datumseinträge im Journal-Baum. Als weiteres Strukturelement können Tags verwendet werden. Dazu schreibt man in eine Notiz einen @begriff. Diese mit @ geprefixten Stichwörter werden in einem separaten Index gehalten, wodurch die Suche nach Tags besonders schnell geht. Auch die Funktion kann man mit dem Tag-Plugin aufwerten und erhält damit eine Tag-Wolke, sowie einen Tag-Index im Baum-Panel.
Editor
Die Notizen werden als einzelne Textdateien in einer Verzeichnisstruktur auf dem Speichermedium abgelegt. Dabei wird ein Markdown-Format verwendet. Im Editor kann man sowohl Markdown, als auch normalen Text schreiben und diesen mit Shortcuts oder der Formatierungsleiste anpassen. Die Darstellung ist jedoch immer WYSIWYG; es gibt kein Umschalten zwischen Markdown und dem gerenderten Text. Man kann es mit einem der besten WYSIWYG-Markdown-Editoren vergleichen, nämlich mit Typora. Der Editor steht einem nicht im Weg, sondern macht das, was erwartet wird.
Aufzählungen werden durch * eingeleitet und sauber wieder abgebrochen; das Gleiche gilt für Nummerierungen und Tab-Einzüge, die fortgesetzt werden. Alle wichtigen Formatierung werden durch Shortcuts unterstützt. Über das Einfügungen-Menü kommen Datum/Zeit, Ankreuzlisten, Linie, Bilder, Anhänge, Symbole und Verknüpfungen hinzu.
Suchfunktion
Falls eine funktionsreiche Suche zu euren Anforderungen gehört, bietet ZIM nicht so viel wie andere Outliner. Es gibt die Suche über alles, die mit dem Lupen-Symbol aus der Werkzeugleiste geöffnet wird (Shift+Ctrl+F), und die Suche in einer Notiz (Ctrl+F). Ausgefeiltere Suchfunktionen werden nicht angeboten. Was macht ihr am Häufigsten nach dem Öffnen eurer Note-taking-App? Richtig, ihr möchtet etwas suchen. Daher verstehe ich nicht, warum ZIM die generelle Suche auf den Shortcut Shift+Ctrl+F, anstatt auf Ctrl+F gelegt hat. Noch besser wäre es, wenn man direkt nach dem Start einen Suchbegriff eingeben könnte. Jetzt ist es so, dass der erste Tastenschlag die Überschrift der zuletzt geöffneten Notiz verändert, was völlig sinnfrei ist.
Referenzierung (Verlinkung)
In dieser Disziplin zeigt ZIM seine Stärken. Die Eingabe eines Wortes im CamelCase-Stil führt automatisch zur Verlinkung. Nicht Camelcase kann mit Ctrl+L verlinkt werden. Dabei werden neue Notizen auf demselben Ast angelegt. Mit der Suche nach Rückverweisen werden diese gefunden.
Auch externe Dateien können verlinkt und mit einem Klick auf den Link geöffnet werden. Bilder können über das Menü oder mittels Drag&Drop eingefügt werden. Über das Kontext-Menü kann ein Bild mit einem passenden Programm bearbeitet werden.
Import/Export
Textdateien können importiert werden und werden als neue Notiz im Baum abgelegt werden. Dabei wird leider die aktuelle Position im Baum nicht berücksichtigt. Allerdings kann die importierte Notiz nachträglich an eine beliebige Stelle verschoben werden. Der Import aus anderen Outliner-Formaten wird nicht unterstützt.
Beim Export sieht es besser aus:
Es kann in diesen Formaten exportiert werden: HTML, MHTML (web page archive), LaTeX, Markdown (pandoc), RST (sphinx) und PDF (über ein Skript). Beim Export darf man entscheiden, ob ein gesamtes Notizbuch, eine einzelne Seite oder auch deren Unterseiten exportiert werden. ZIM ist auch ein Webseiten-Editor, weil mehrere Templates angeboten werden und man auswählen kann, ob die Webseite mit einem Index (Seiten-Menü) ausgestattet sein soll. Fun Fakt: Die ZIM-Homepage wird in ZIM gepflegt und publiziert.
Im Menü Werkzeuge findet man den Punkt Webserver starten. Daraufhin startet ein lokaler Webserver auf http://localhost:8080/ und zeigt den Inhalt aller Notizbücher als Webseite an. Damit wird ZIM seiner eigenen Bezeichnung als Desktop-Wiki gerecht.
Usability und Funktionalität
Wie bereits erwähnt, schafft ZIM den Spagat zwischen den Extremen. Die Anwendung startet schnell, bietet ausreichende Funktionalität, ohne überlastet zu wirken. Wer mehr möchte, kann den Outliner mit ca. 50 Plugins erweitern. ZIM kann Shell-Skripte einbinden und in sein Menü aufnehmen. Damit stehen der geneigten Anwenderin viele weitere Möglichkeiten zur Verfügung, wie z. B. der Export als PDF-Datei. Die Benutzeroberfläche ist weder hyper-modern noch uralt; sie ist in 16 Jahren gewachsen und bietet dem Anwender eine grundsolide Erfahrung.
Multi-Plattform
Nun ja, ZIM läuft dort, wo Python und GTK läuft. Auf der Download-Seite stehen Pakete für GNU/Linux, Windows und MacOS bereit. Es gibt keine Versionen für mobile Geräte.
Synchronisation
Auch in dieser Disziplin bietet ZIM nichts an. Da die Daten der Anwendung als Text-Dateien in einer Verzeichnisstruktur abgelegt werden, steht der Synchronisation mit externen Mitteln nichts im Wege. Ich synche den ZIM-Verzeichnisbaum auf meine Nextcloud, wodurch die Daten auf allen meinen Rechnern zur Verfügung stehen. Auf dem Smartphone behelfe ich mir beim Ansehen und Editieren der Notizen mit einem normalen Texteditor. Das ist nicht fancy, aber es funktioniert.
Fazit
Das Desktop-Wiki ZIM ist ein Arbeitstier, dass euch über Jahrzehnte begleiten kann. Hier werden keine Ressourcen durch Electron verbrannt und es wird keine "Next Generation User Experience" geboten. Um es zusammenzufassen: No Frills, sondern ein Standard-Werkzeug für eure tägliche Wissensdatenbank. Die Datenablage in einzelnen Markdown-Dateien in einer Verzeichnisstruktur, ist ideal für alle, die die Synchronisation selbst regeln möchten. Für die meisten Anwender:innen ist die Grundfunktionalität völlig ausreichend. Besondere Anforderungen können durch die zahlreichen Plugins erfüllt werden.
Unter Android bietet sich Markor (F-Droid) an, um ZIM-Notizen zu lesen (hübsch gerendert) und zu bearbeiten. Es gibt auch ein ZIM-Template für neue Notizen. Die beiden verstehen sich wirklich gut.
Momentan verwende ich Logseq und würde gerne ZIM probieren. Scheitere aber mit Verlinkungen (verstehe die ganzen Methoden nicht), Tags und Aliase habs auch nicht gefunden. Überschrift kann auch nicht verlinkt werden...? Gibt es ein deutsches Tutorial mit Beispielen? Oder kann vielleicht hier jemand ein Tutorial schreiben.
Ich habe die GTK-2 Version 0.69.1 (zim_0.69.1_all.deb) installiert.
Funktioniert einwandfrei auf meinem MX-15 Debian Jessie 32bit.
Ob ich ein solches Programm brauche muß ich erst-mal noch
herausfinden. ;-)
In Richtung Stas:
Das Programm enthält ein umfangreiches Manual,
wenngleich in der von mir installierten Version nur in Englisch.
MfG Janko Weber